Faceless- Das Spiel um die Macht
Von Susanne Hörnle
- Akt. 1.Szene
Mensa
Laura sitzt an einem der beiden Tische in der Mensa und schaut immer wieder ungeduldig auf ihr Handy, während sie halbherzig auf der Tastatur ihres Laptops herum tippt.
Carolin tritt auf. Verwundert, dass ihre Freundin sie nicht bemerkt, geht sie langsam auf Laura zu. Diese schaut nicht au und registriert offensichtlich nicht, dass Carolin vor ihr steht.
Caroline: „Buh! Hab ich dich erwischt“
Laura schreckt hoch wie aus einem Traum erwachend: „Carolin, oh, Hallo!“
Caroline stellt ihr Tablett ab und setzt sich Laura gegenüber an den Tisch: „Was tust du hier, hast du keine Vorlesung?“
Laura schaut noch einmal fast abwesend auf ihr Handy: „Hm, was? Ach so, ja doch, eigentlich schon.“ Sie verstummt.
Caroline schaut sie auffordernd an: „Du schwänzt doch sonst nicht. Ist was passiert?“
Laura deutet auf den PC: „Statt Vorlesung versuche ich das das Skript von Professor Bodenberger zu verstehen, aber ich habe nur vier Zeilen gelesen und rate, wie viel ich davon verstehe: Zwei Worte - wir und im weiteren Verlauf.“
Caroline automatisch: „Das sind drei Worte.“
Laura sarkastisch: „Nein vier, Carolin. Wenn schon Erbsenzähler, dann aber richtig!“ Sie gibt dem PC einen Stoß. „Ich check hier wieder mal gar nichts.“
Caroline: „Warum sitzt du dann hier und nicht im Hörsaal?“
Laura: „Ach, ich hab grad einfach überhaupt keinen Kopf für eine Vorlesung.
Caroline: „Was ist denn los?“
Laura: „Eigentlich war ich mit Basti verabredet. Und nun warte ich schon über eine Stunde hier und er taucht nicht auf.“ Sie nimmt ihr Handy, tippt kurz darauf und hält es dann Carolin vor die Nase. „Nicht einmal abgesagt hat er!“
Caroline lehnt sich erschüttert zurück: „Das ist allerdings heftig!“
Laura: „Viermal habe ich ihn schon angerufen. Immer die Mailbox. Es ist genau wie letzte Woche, du weißt doch, als wir ins Kino wollten. Da ist er dann auch erst gegen zehn ans Telefon gegangen und hat dann behauptet, er habe verschlafen.“
Caroline: „Vielleicht ist es jetzt einfach ganz genauso.“
Laura: „Ja, vielleicht. Aber ist doch komisch, dass so etwas ausgerechnet dann passiert, wenn wir uns endlich mal wieder treffen wollen.“
Caroline: „Ich verstehe dich vollkommen. Tommy und ich haben uns auch dauernd gestritten. Aber dann hat Tommy mir erklärt, dass ich ihn nicht einengen soll. Sie lacht unsicher auf. Du musst Basti einfach mehr Raum lassen.“
Laura: „Das soll einengen sein, wenn ich mich nicht wie ein vergessener Regenschirm fühlen will?
Caroline: „Süße, glaubst du nicht, dass das ein bisschen übertrieben ist?“
Laura springt empört auf: „Ich brüte hier wie so eine blöde Henne auf einem Fleck, weil er kommentarlos wegbleibt, ich kann mein Studium vergessen, weil ich nicht mehr in die Vorlesungen gehe und ich weiß schon gar nicht mehr, wie mein Freund aussieht, und du nennst das Übertreibung?“
Caroline beschwichtigend: „Ich sag doch nur, dass du abwarten solltest. Stell dir doch nur vor, es wäre wirklich was Schlimmes.“
Laura mit hysterischem Unterton: Caroline! Ich bekomme hier sowieso Zustände und jetzt machst du mich völlig irre?“ Sie greift nach ihrem Handy. „Gleich ruf ich in den Krankenhäusern an.“ Sie tippt hektisch auf dem Handy herum. „Wie finde ich denn hier eine Liste?
Caroline läuft zu ihr, nimmt ihr das Telefon aus der Hand und fasst sie um die Schultern: „Das war nur theoretisch. Beschwörend: „Basti liegt bestimmt zu Hause im Bett und schnarcht friedlich vor sich hin.“ Sie zieht Laura wieder auf den Stuhl zurück.
Laura: „Ja, was denn nun? Mann, ich habe den totalen Film im Kopf: Basti – blutend im Graben, Basti- knutschend mit irgendeiner in der Ecke. Beides treibt mich in den Wahnsinn! Wieso soll ich mich vernünftig verhalten, wenn er so unfair ist?“
Caroline: „Weil du deinen Basti liebst, Süße.“ Sie tätschelt liebevoll Lauras Arm
Laura seufzt: „Es ist diese nagende Angst!“ Sie lässt den Oberkörper auf die Tischplatte sinken. „Ich sterbe, wenn er mich betrügt!“
Nina betritt ebenfalls mit einem Tablett in der Hand von hinten rechts die Bühne. Steuert unsicher auf den Tisch zu, an dem die beiden Mädchen sich unterhalten. Kurz davor bleibt sie stehen, Laura und Carolin schauen auf.
Nina: „Ähäm, ihr seht gerade so problembeladen aus, wahrscheinlich stör ich, oder?“
Carolin: „Richtig, tut mir leid, Nina, ist es okay, wenn wir noch kurz weiter reden?“
Nina: „Nein, ist völlig in Ordnung. Habe sowieso noch was zu arbeiten und gleich kommt auch Polly noch. Also, kein Thema.“ Sie wendet sich ab und setzt sich an den Nachbartisch, wo sie sich in ihre Arbeit vertieft.
Laura und Carolin beginnen so leise miteinander zu reden, dass man sie nicht mehr hört. In diesem Moment betritt Polly die Bühne. Sie ist offensichtlich schlecht gelaunt, geht geradewegs auf den Tisch zu, an dem Nina sitzt, knallt ihre Sachen auf die Tischplatte und schmeißt sich auf den nächsten Stuhl (gegenüber von Nina)
Nina schreckt auf: „Holla, was ist denn mit dir los?“
Polly gereizt: Du glaubst es nicht, du-glaubst-es-nicht, er hat es schon wieder getan!“
Nina klappt ihre Bücher zu: „Philipp?“
Polly: „Wer sonst? Er hat mich schon wieder hängen lassen…“
Nina: „…nicht dein Ernst!?!“
Polly verdreht genervt die Augen: „Sehe ich so aus, als würde ich jetzt noch darüber Späße machen?“
Nina: „Aber mal ehrlich, das wievielte Mal war das jetzt schon?“
Polly seufzt verzweifelt und stützt den Kopf auf die Hand: „Ich hab´ aufgehört zu zählen. Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht, was ich machen soll.“ Schaut genervt auf ihre Fingernägel: „Keine Ahnung!“
Nina knallt die Hände auf den Tisch: „Jetzt reicht´s- jetzt schießt du ihn einfach ab!“
Polly schaut von ihren Nägeln auf und sie skeptisch an
Nina: „Nein wirklich, Polly. Schau dich um, es gibt genügend tolle Jungs. Es muss nicht unbedingt der eine sein. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, so richtig gut sieht Phil ja nun auch wieder nicht aus…“
Polly wütend: „Hallo, noch ist Philipp mein Freund!“
Nina: „Aber er…“
Polly unterbricht resigniert: „…Ich weiß! Dabei hab ich ihm extra noch gesagt, wir müssten uns ja nicht heute sehen. Ich gehör nicht zu den Mädchen, die dauernd auf ihrem Freund hocken. Hab ich ihm gesagt.
Nina: „Und er?“
Polly: „Hat rumgesäuselt. Nein, wir hätten uns ja so lang schon nicht gesehen. Als ob das an mir läge. Und dann kommt der Scherzkeks nicht. Da wird man doch völlig bekloppt.
Nina: „Aber diesmal hast du ihn angerufen, ja? Sag, dass du ihn angerufen hast!“
Polly: „Anrufen? Ich? Niemals. Und wenn die Hölle zufriert. Nee, Nina. Ich hab gesehen, was diese Abhängigkeit aus einem machen kann.“ Sie nimmt sich von Ninas Tablett etwas von dem Essen. Nina schiebt das Tablett mehr in die Mitte. Polly fängt an zu essen und greift dann nach Ninas Tasse. Sie trinkt einen Schluck von Ninas
Nina beobachtet sie amüsiert: „Darum versteh ich ja auch nicht, warum du es nicht so machst wie ich: lass dich nicht zu sehr auf einen Kerl ein und freu dich deines Lebens. Ich sag dir, Polly, am Ende ist das die bessere Methode.“
Polly resigniert „Ich hab ernstlich gedacht, dass Philipp anders ist. Ich meine, er ist fair und er ist ehrlich. Bzw. er WAR fair.“
Nina: Hoffen wir mal, dass seine Ehrlichkeit nicht auch der Vergangenheit angehört.“ Sie schiebt Polly den Kaffee hin. „Und im Übrigen kannst du den Kaffee ruhig austrinken, Herzchen.“
Polly: Ups!
Wiona ohne Namen kommt mit einem Tablett und einer Tüte von H&M herein. Sie setzt sich an Lauras Tisch und schreckt die beiden auf.
Wiona: „Puh, bin ich erledigt. Den ganzen Vormittag shoppen ist anstrengend. Außerdem war es richtig voll in der Stadt.“
Die anderen sehen sie mehr oder weniger desinteressiert an, nur Pollys Blick heftet sich an die H&M Tüte. Angewidert nimmt sie mit spitzen Fingern die Tüte und schiebt sie von sich weg.
Polly sarkastisch: „Haben sich deine furchtbaren Anstrengungen denn gelohnt?“
Wiona: „Voll, ich habe so einen süßen Pulli gefunden. Genau meine Farbe und endlich heruntergesetzt. Echt, ohne solche Läden wüsste man ja kaum, was man anziehen soll.
Polly: „Na sicher, man hat ja einen Ruf zu verteidigen, nicht?“
Wiona wird langsam misstrauisch und sieht sich hilfesuchend nach Laura und Carolin um.
Laura: „Lass mal, ist doch schön, dass du was gefunden hast.“
Polly: „Genau, ist doch schön, dass ihr bewusstseinstechnisch im Amöbenstadium herumdümpelt.“
Laura: „Mann, Polly, mach halblang. Kommt jetzt wieder eine Predigt über den Zustand der Welt und unsere blöde bürgerliche Gleichgültigkeit?“
Wiona jammernd: „Ich hab doch nur nen Pulli gekauft!“
Polly fährt sie an: „Nur einen Pulli gekauft. Genau. All die Wionas dieser Welt kaufen ja nur einen Pulli. Dann stell‘ dir doch das eine Kind, das deinen Pulli gemacht hat, mal vor. Was würdest du ihm denn sagen?“
Wiona kriecht in sich zusammen: „Nichts, was kann ich denn dafür, dass sie die Kinder arbeiten lassen?“
Polly: Genau, du kannst überhaupt nichts dafür. DAS Kannst du ja dem Kind sagen.“ Sie ahmt Wionas weinerlichen Ton nach und spricht zu Wiona als sei sie das Kind: „Sorry, Kleines, aber ich kann nichts dafür, dass du keine Bildung bekommst und in der Spirale der Armut gefangen bleibst. Aber seien wir ehrlich, wie soll ein Mädchen in meiner Situation sonst was Schickes zum Anziehen kommen?“
Sie tätschelt Wiona freundlich den Kopf. Die anderen geben Laute des Unwillens von sich, nur Nina lacht. Wiona zieht den Kopf zurück und drückt ihre Tüte beschützend an ihr Herz.
Laura stellt sich verteidigend vor Wiona: „Komm, jetzt sei nicht so gemein. Wenn sie den Pulli mag, kann sie ihn doch tragen.“
Polly fasst sich an die Stirn und lässt sich wieder auf den Stuhl sinken: „Wahnsinn. Deine Argumentation ist so was von niederschmetternd.“
Carolin: „Als ob ihr immer nur in Läden kaufen würdet, die ohne Kinderarbeit auskommen!“
Nina schüttelt den Kopf und sieht Carolin strafend an: „Das kannst du dir offenbar nicht vorstellen, hm? Wie wär es mal mit selber machen?“
Laura gereizt: „Hach, vielleicht sollten wir alle lieber Modedesign studieren, dann würde die Welt ein bisschen besser. Aber bis dahin: nenn mir doch bitte einen Laden mit anständigen Preisen, der Pollys hohen Ansprüchen genügt.“
Alle beginnen wild durcheinander zu quatschen.
Nina muss schreien um die anderen zu übertönen: „Doch, doch, doch. Es gibt mindestens einen: PRIMARK!“
Die anderen (außer Polly) unisono: „Primark?“ Sie fangen an zu lachen.
Polly springt auf: „Leute, das ist nicht zum Aushalten. Will das nicht in euren Schädel? Es geht um Menschenleben!“
Die anderen stöhnen und selbst Nina verdreht ein bisschen die Augen.
Nina: „Komm Polly, ich kann ja verstehen, dass du grad nicht so gut drauf bist. Aber das ist kein Grund so rum zu polemisieren, hm?“
Polly wild: „Natürlich. Klar. Ist alles wegen einem blöden Kerl. Sonst gibt es für ein Mädchen ja keinen Grund sich über diese bescheuerte Gesellschaft aufzuregen. Das macht Sinn!“ Sie packt ihre Tasche. „Ich muss los!“
Wiona: „Polly, he! Bleib’ hier. Ist doch alles nicht so schlimm.“
Polly bleibt stehen und dreht sich zu Wiona um. Sie atmet tief ein und sagt mit liebenswürdiger Stimme und ganz ruhig: „Das ist ja das Problem, Wiona. Es ist schlimm, aber wir machen hier lieber alle die Augen zu.“
Wiona geht auf sie zu: „Mag sein, aber deshalb müssen wir doch nicht streiten, oder?“
Polly sieht sie an und nickt ergeben: „Du hast recht, Süße. Das wollen wir nicht.“ Sie wendet sich an die anderen: „Ich muss trotzdem los. Wir sehen uns sowieso heut Abend im „Bleibtreu“, ja?“
Wiona nickt und auch Laura, Carolin und Nina verabschieden sich von Polly. Polly geht ab. Nina packt ebenfalls ihr Tablett und die Tasche. Wiona nimmt ihre Tüte und wartet auf Nina.
Nina: „Seid nicht sauer wegen Polly. Sie hat es nicht leicht im Moment. Philipp macht ihr Sorgen, wisst ihr. Er ist schon wieder nicht gekommen.“
Carolin: „Scheint ja ne richtige Epidemie zu sein. Jungenschwund. Grassiert wohl gerade.“
Laura tritt sie unter dem Tisch.
Nina sieht Carolin erstaunt an: „Wieso?“
Laura seufzend: „Basti hat für heute ebenfalls kommentarlos aufgelöst.“ Sie lacht freudlos auf. „Ist vielleicht gerade modern, seine Freundin sitzen zu lassen.“
Nina sieht sie nachdenklich an: „Ich wüsste gerne, was dahinter steckt. Egal, ich bin auch schon zu spät. Bis nachher ihr Zwei.“ Nina und Wiona gehen ab.
Carolin sieht ihr nach: „Was hat sie wohl damit gemeint?“
Laura, die sich schon wieder ihr Handy geschnappt hat, gibt einen erstickten Laut von sich und wirft ihr Handy erschrocken auf den Tisch.
Carolin schreckt hoch: „Was, was? Was ist los?“
Laura hält sich die Hand vor den Mund und macht große Augen: „Mensch, Carolin. Er will sich mit mir treffen. Was soll ich jetzt machen? Hilfe!“
Carolin versteht nichts: „Basti?“
Laura schüttelt den Kopf und sieht Carolin mit schlechtem Gewissen an: „Nein, Mark….“
Carolin: „Wer ist Mark?“
Laura: „Das ist eine richtig gute Frage. Direkt schicksalsträchtig.“ Sie nimmt das Handy und sieht es an, als sei es schuld. „Wieso will er das bloß gerade jetzt?“ Sie sieht Carolin fragend an, die will gerade losreden, da fährt Laura fort: „Ich sag ihm, dass es nicht geht!“ Sie beginnt hektisch auf ihr Handy zu tippen, als Carolin es ihr aus der Hand nimmt.
Carolin langsam, als spräche sie zu einer geistig eingeschränkten Person: „Hallo! Wer ist Mark? Und wieso geht es nicht? Würdest du bitte nachvollziehbare Aussagen formulieren?“
Laura schnappt sich ihr Handy zurück, dann atemlos und schnell: „Kann ich nicht, keine Zeit. Nur so viel: Habe mir mit Mark geschrieben. Er ist ein Freund von Bastis Freund. Brauchte Hilfe bei persönlicher Glaubenskrise. Kenne ihn persönlich nicht, aber wir haben uns ziemlich viel geschrieben und nun rollt er hier an, weil er findet, es ist Zeit sich mal richtig zu treffen.“
Sie holt tief Luft. „Carolin! Was mach ich jetzt?“
Carolin: „Ihn treffen. Oder sieht er blöd aus?“
Laura empört: „Mark sieht total süß aus. Jedenfalls auf den Fotos.“ Dann schüttelt sie den Kopf: „Aber ich kann doch nicht mit ihm ausgehen!“
Carolin: „Quatsch, ihr trinkt doch nur Kaffee. Er weiß doch, dass du einen Freund hast.“
Laura: „Es fühlt sich einfach falsch an. Jemanden in die Augen zu sehen; das kann gefährlich werden!“
Carolin grinst: „Wieso? Mark kommt doch im richtigen Augenblick. Basti soll sich ruhig mal Sorgen machen.“
Laura: „Basti muss sich aber keine Sorgen machen, weil ich so was nicht tue.
Carolin: „Laura, du wolltest wissen, was du tun sollst; hier ist mein Rat: triff dich mit Mark.“ Sie steht auf. „Alleine!“
Laura ergeben: „Ist jetzt sowieso zu spät, da steht er schon.“
Carolin fährt herum und mustert den jungen Mann, der sich dem Tisch nähert. „Sieht wirklich süß aus.“ Sie grinst Laura noch mal an. „Viel Vergnügen.“ Carolin geht ab.
Mark kommt näher, er lächelt ein wenig verlegen, wirkt aber recht entschlossen. Er nimmt Blickkontakt mit Laura auf und geht ein wenig in die Knie: „Heh, Wahnsinn, Laura. Endlich sehen wir uns mal.“
Laura sieht ihn unsicher und abwartend an: „Ja, Hallo Mark.“
Mark setzt sich zu ihr: „Du, das freut mich total, dass du so spontan zugestimmt hast. Ist ja schon ein bisschen komisch, ne?“ Er fährt sich durch die Haare. „Ich meine, du weißt so viel über mich und bist doch trotzdem irgendwie fremd.“
Laura taut ein bisschen auf: „Ja, wirklich. Ist komisch.“
Mark: „Aber auch gut, oder? Jetzt kann ich zum Beispiel mal sehen, dass du in Wirklichkeit noch hübscher bist als auf den Fotos. Oder sollte ich so was nicht sagen? Entschuldige, ich wollte hier nicht einen auf charmant machen.“
Laura schnaubt leise: „Das ist beruhigend. Du weißt ja, wie ich zu solchen Sachen stehe.“
Mark: „Klar, das mag ich ja auch so an dir. Also, nicht falsch verstehen. Ich hab halt schon länger gedacht, dass wir eigentlich schon gute Freunde sind, aber in einer anderen Art von Welt, verstehst du?“
Laura: „Ja, tu ich. Deswegen weiß ich auch nicht so wirklich, ob ich mich über unser Treffen freuen soll. Ich meine, vielleicht ändert das hier jetzt so einiges.
Mark etwas erschrocken: „So hab‘ ich das noch gar nicht gesehen. Das sollte es aber nicht. Da mach ich mich lieber gleich wieder auf die Socken. Er tut so, als ob er aufstehen will.
Laura lacht: „Ist es dafür nicht ein bisschen zu spät?
Mark beruhigend: „War doch nur ein Scherz. Gerade du weißt doch, dass ich gerne den Frauenheld gebe, dass da aber nicht viel hinter ist.“
Laura: „Hm, ist halt was anderes, das auch mal zu erleben. Ich muss dich und Mark erst einmal übereinander bekommen.“
Mark lebhaft: „Ja, ne? Ist versuch mir auch die ganze Zeit vor Augen zu führen, dass du nicht irgendein x-beliebiges, hübsches Mädchen bist, sondern Laura.“
Laura wirft mit einem Zuckerstück: „Aus jetzt, Platz und ruhig!“
Mark packt sich an den Kopf: „Stimmt, schon wieder ist es mit mir durchgegangen. Gut, dass du mich auch schon anders kennst. Sonst würdest du wahrscheinlich spätestens jetzt stiften gehen, hm?“
Laura nickt überzeugt: „Mit Sicherheit. Wirklich, wenn man dich so erlebt, scheinst du ein ganz anderer Mensch zu sein.
Mark sieht sie eindringlich an: „Das hier ist der Schein, der wirkliche Mensch, das ist der, mit dem du geschrieben hast.“
Laura: „Verkehrte Welt! Hauptsache ist, du benimmst dich!“
Mark lächelt: „ Das wird schwierig. Zum Beispiel denk ich die ganze Zeit: wie schaffe ich es, dich zum Essen einzuladen, ohne dass du mir an die Gurgel gehst.“
Laura: „Wie gut, dass ich gerade richtig Hunger habe und am Ende des Monats mein Portemonnaie gar nicht mehr mitnehme. Du sprichst hier mit jemandem, der gerade bösartig von seinem Freund hängen gelassen wurde.“
Mark: „Nun, dann sieh es als Rettungsaktion für hungrige Mädchen, deren Freunde sie nicht verdient haben.“
Laura: „Wenn du aufhörst meinen Freund doof zu finden, bin ich dabei.“
Mark: „Ich kann aufhören, darüber zu reden. Reicht das?“
Laura steht auf: „Muss es wohl. Seit du „Essen“ gesagt hast, sind meine Grundsätze ohnehin ins Wanken geraten.“
Mark steht ebenfalls auf: „Dann nichts wie los, solange die Hungerhormone dich umnebeln.“
Die beiden gehen ab.
1.Akt 2.Szene
Im Zimmer von Basti
Basti sitzt in seinem Zimmer vor dem Computer. Hinter ihm an der Wand hängt ein buntes Plakat, auf dem für ein Onlinespiel geworben wird. Zwischen anderen Plakaten hängt in Schwarzweiß die Porträtaufnahme seiner Freundin. Basti ruft das Spiel auf. Man hört Musik, eine Stimme erzählt. Basti tippt derweil auf seinem Handy herum und klickt ab und zu einfach weiter.
Sprecher: „An weit entfernten Ufern in unbekannten Landen liegen die vereinigten Königreiche von Asturien. Einst waren diese Länder einander feind und kämpften ohne Unterlass, so dass die Erde Blut trank und das Leben KLICK Aber dann entsprang dem Hause Lorameths ein Knabe, jung und edel, ein Kämpfer, dem die Männer folgten. Von Sieg zu Sieg trug ihn sein Schwert und ihm gelang, was vorher niemals denkbar war: er einigte die tief zerstrittenen Länder und herrschte nun als Imperator und Frieden kehrte ein. Wo dereinst Kampf und Tod geherrscht, da fand man nun KLICK Doch auf dem Berg des Schicksals wuchs eine neue Bedrohung. Die Tochter des größten Feindes, den Sarastro nur mit Mühe hatte besiegen können, hatte ihre volle Macht entfaltet und sann auf Rache. Sie KLICK So gaben Sarastros Untertanen gänzlich arglos und von der magischen Gewalt verführt denn ihre Freiheit hin. Sie schenkten ihr, der furchtbaren Königin der Nacht, das eigene Leben und mussten nun ihrer Einzigartigkeit beraubt als Sklaven im Heer der Gesichtslosen dienen. In Scharen sandte Malafoia nun ihre Schergen aus , Sarastro zu besiegen. Doch er sammelte um sich die Edlen seiner Lande und ersann den Plan, der Königin der Nacht das Buch zu stehlen, in dem sie die geraubten Gesichter aufbewahrte und welches ihr die Macht verlieh. Dies Buch der Gesichter KLICK Willst du nun- Kämpfer - gemeinsam mit Sarastro für das Gute streiten oder auf der Seite Malafoias dienen? Sag uns, wofür du dich entscheidest und gib dann die Gestalt und deinen Namen preis.“ Basti tippt eilig seinen Namen und das Password ein. Man hört wieder Musik. Basti klickt einen Moment auf verschiedene Felder, dann hört man über den Lautsprecher eine Stimme:
Alex: „Und da wären wir wieder. Neues Spiel, neues Glück. Diesmal machen wir sie platt!“
Basti: „Alter, wieso bist du nur immer so spät? Es sind schon fast alle da!“
Alex: „Ja, keine Panik. Es kann losgehen. Was liegt an?“
Basti ungeduldig: „Mann! Du hast schon wieder keinen Plan. Es ist immer dasselbe. Wir sind heute mit unserer Truppe für die Schlacht am Fluss ohne Wiederkehr eingeteilt.
Alex glücklich: „Ja, klar. Stimmt. Wir müssen den Stab des Lichts zurückholen, damit wir die Gruften öffnen können.“
Basti: „Wie schön, dass du wenigstens weißt, wozu wir heute ausrücken. Wir müssen übrigens ohne Windomar auskommen, der liegt mit Grippe im Bett.“
Alex mit einem Lachen: „Ein kranker Heiler ist immer wieder ein Widerspruch in sich. Gibt es denn keinen Ersatz? Was ist mit Isiprell?“
Basti: „Alex! Der ist rausgeflogen, weil er sooft nicht mitgemacht hat. Wenn du so weitermachst, blüht dir das auch noch!“
Alex wegwerfend: „Als ältester und bester Freund des berühmten Kämpfers Horatio bin ich ziemlich sicher, würde ich mal meinen.“
Basti: „Ich kann dich nicht ewig verteidigen. Pass diesmal einfach besser auf, Alex, wirklich. Du hast echt keine Ahnung von Deckung. Hast du dir das Tal angesehen, in dem wir kämpfen werden?“
Alex etwas kleinlauter: „Nee, ich musste endlich das Referat für Material und Stoffe vorbereiten. Das Seminar ist morgen.“
Basti seufzend: „Okay, dann konzentrier dich jetzt. Und vor allem vergiss nicht: wenn wir heute gewinnen und den Stab haben, dann machen wir am Samstag bei der großen Schlacht mit.“ Er beginnt auf verschiedene Felder zu klicken und wartet dann einen kurzen Moment. „Sieh dir die Karte einfach jetzt schnell an. Wir werden von Osten aus einmarschieren und vermuten, dass der Feind sich über die Hügel nähern wird. Und vergiss nicht: ich kann dich diesmal nicht raushauen. Ich brauche meine Stärkepunkte und muss möglichst viele Feinde töten. Ich brauch nur noch ein paar Punkte, dann bin ich auf Tybalts Level – dann können wir uns seiner Horde endlich entgegenstellen.
Alex: „Jaha! Hast du mir schon mindestens elfmal erzählt. Ist klar, lass mich verbluten, kümmer du dich nur um deinen Erfolg.“
Basti: „Mach ich auch, Alter. Das Tempo, mit dem du in einer Schlacht deinen Kopf verlierst, ist nicht zu toppen. Wenn es Stärkepunkte für dusseliges Verhalten im Kampf gäbe, wärst du unbesiegbar.“
Alex lacht: „Jup, dann würde Parendor nicht im Schatten seines Freundes stehen, sondern schon lange das Messer an Malafoias Kehle haben. Kurze Pause. „Aber was anderes, was ist mit Samstag? Du hattest doch keine Zeit. Geburtstag oder so?“
Basti ein wenig geschockt: Stimmt. Meine Freundin hat Geburtstag.
Alex lacht: „Ähm, dann hast du aber ein gewaltiges Problem.“
Basti: „Ne, das geht nicht. Ich bin gerade soweit. Samstag muss ich Tybalt erledigen. Entweder jetzt oder nie. Ich warte schon viel zu lange.“
Alex: „Weiß ich doch, aber Freundin… Geburtstag? Glaubst du, die nimmt das einfach so hin?“
Basti: „ Ja, muss sie halt. Das geht jetzt vor.“
Alex: „Da solltest du aber eine gute Ausrede und eine Menge Rosen in der Hinterhand haben.“
Basti wegwerfend: „Ach was, am Sonntag hat sie ja auch noch Geburtstag. Ich sag einfach, dass ich es romantischer fände, wenn wir zwei alleine sind. Jetzt quatsch nicht, sondern pass endlich auf: Da – hinter den Büschen. Ist da nicht etwas?“
Basti hämmert weiter auf der Tastatur, man hört Kampfgeräusche und leise Hintergrundmusik, zwischendurch immer wieder ein Stöhnen oder ein „Nein, Nein, Nein“. Dann plötzlich:
Alex: „Horatio!!! Komm hier rüber. Hier wimmelt es von Faceless. Sie umzingeln mich und Casparos. Wo haben die plötzlich so viele Faceless her? Die sind überall…. Basti mach was!!“
Basti hämmert weiter hektisch auf die Tastatur: „Verdammt! Wo seid ihr denn genau?“
Alex jammernd: „Woher soll ich das wissen? Hier sind Büsche und Felsen und waahhhh, nein, geschafft. Was?“
Basti:“ Büsche und Felsen? Das ist nicht dein Ernst! Alex, du Schwachkopf. Die gibt‘s – warte – überall. Westen, Süden, Osten? Such dir was aus! Ich bin im Sektor 3/5!“
Alex: „Mann, ich weiß nicht wo 3/5 ist. Warte, ich versuche die Karte anzuklicken.“
Basti wütend: „Ich hab’s dir gesagt, Mann! Guck zu, dass du dich da selbst raushaust. Hast du denn keine Blitzkugeln mehr? Ich kann mir das jetzt nicht leisten!“
Alex heftig jammernd: „Basti, Mann bitte. Alter, wenn du mir nicht hilfst, bin ich raus. Außerdem bin ich nicht weit weg. Bin in – Klickgeräusche – 3/7. Komm her! Hier sind genug Faceless, um deine Stärkepunkte richtig hoch zu treiben. Wenn ich jetzt schon wieder so früh sterbe, hab ich nicht mehr genug Punkte. Basti!“
Basti: „Bin auf dem Weg. Und du: raus da, einfach weg. In 3/2 ist es sicherer, da haben wir die Horde schon erledigt. Schlag dich nach dahin durch!“ Er hämmert weiter hektisch auf der Tastatur herum und redet zwischen den Kämpfen mit sich selbst: „Dieser ….. Idiot ….. Schwach …..kopf. Ha! Jetzt biste platt! …. Immer muss man den …. Oh, oh, oh, das war knapp…. Rausholen!“
1.Akt 3.Szene
Erste Vigilie
Es ist Nacht. Basti wälzt sich unruhig in seinem Bett hin und her. Die Königin der Nacht tritt auf. Sie sieht sich verächtlich in Bastis Zimmer um und schüttelt den Kopf, als sie seinen Computer und das Plakat des Spiels sieht. Sie inspiziert intensiver das Bild von Laura und wendet sich dann schulterzuckend Basti zu.
KdN: „Basti“
Basti stöhnt im Schlaf auf, bewegt sich und schnauft leise. Dann ist alles wieder ruhig. Die Königin der Nacht kommt näher an das Bett und ruft ein wenig lauter.
KdN: „Baastiii“
Wieder keine nennenswerte Reaktion. Also tritt sie an den Schlafenden heran und schreit direkt in sein Ohr.
KdN: „Basti!!“Basti fährt aus dem Schlaf und die Königin der Nacht springt ein Stück zurück.
Basti setzt sich auf: „Was tust du denn hier?“
KdN leichthin: „Nun, ich verfolge dich.“ Sie schreitet majestätisch um ihn herum. „Ja, ich verfolge dich - bis in deine Gedanken, bis in deine Träume, bis in deine tiefsten Ängste! Ich will, dass du mich nie vergisst.“
Basti: „Was? Warum? Was willst du von mir?“
KdN: „Nun, das ist doch wohl offensichtlich, oder? Basti, so eingeschränkt bist du doch nicht. Bist doch ein schlaues Kerlchen. Sie fährt ihm kichernd durch die Haare und er weicht angewidert zurück.
Basti: „Geh weg, lass mich schlafen!“
KdN leicht gelangweilt: „Aber das tust du doch bereits. Nun sei nicht so vorhersehbar, mein Lieber. Ein bisschen mehr Einfallsreichtum hätte ich dir schon zugetraut.
Basti steht auf: „Also gut. Ich weiß, was du willst: Du willst mich ärgern, weil ich dir gefährlich werde!“
KdN lacht laut und heiter auf: „Das ist gut! Da haben wir ja mal eine Menge Selbstbewusstsein. Wie schön. Die sich selbst überschätzen, das sind die einfachsten. Nein, ich will dich nicht „ärgern“. Im Gegenteil; wir sollten Freunde werden. Denn ich will, dass du auf meine Seite kommst.“
Basti ballt die Fäuste und richtet sich stolz auf: „Ich auf deine Seite kommen? Da lach ich aber: hahaha!“
KdN dreht sich zum Publikum und verschränkt die Arme. „Und wie du auf meine Seite kommen wirst, sie kommen alle.“ Sie fährt zu Basti herum und brüllt.“Alle!!!“ Dann lächelt sie plötzlich wieder. Sie geht auf Basti zu, der bis zum Bett zurückweicht und drückt ihn freundlich aufs Bett. Sie setzt sich neben ihn und er rückt so weit wie möglich von ihr ab. „Basti, wir sollten uns einfach besser kennenlernen.“
Basti gibt einen erstickten Laut von sich.
KdN dreht sich munter zu ihm hin. „Was ist zum Beispiel deine Lieblingsfarbe?
Basti antwortet nicht sondern starrt sie entsetzt an.
KdN: „Meine Lieblingsfarbe ist rot.“ Sie steht auf und breitet die Arme aus und donnert: „Blutrot!“ Sie lächelt Basti kokett an. „Du verstehst schon, was ich meine, nicht wahr?“
Basti springt wieder auf und geht angriffslustig auf sie zu: „Ich verstehe dich nur allzu gut. Ich werde niemals für dich kämpfen. Denn du bist böse.“
KdN: „Was bin ich?“
Basti mit ausgestrecktem Zeigefinger: „Böse.B- ö- s – e. Böse!“
KdN sieht interessiert auf den Zeigefinger und seufzt dann bedauernd auf. „Mein lieber Basti. Es gibt kein Gut und es gibt kein Böse. Wusstest du das nicht?“
Basti sarkastisch: „Ja das klingt gut – aus dem Mund einer Tyrannin!“
KdN: „ Basti.“ Sie macht eine Pause und fährt dann belehrend fort: „Diejenigen, die für das sogenannte Gute kämpfen, kämpfen letzten Endes doch auch nur auf einer Seite, die behauptet gut zu sein gegenüber denen, die einfach nur böse genannt werden, nicht? Und Gut ist im Krieg ohnehin keiner. Die gute Seite behauptet nur, dass sie gut ist, was wiederum böse ist, weil es böse ist zu behaupten, man wäre gut, obwohl man es in Wirklichkeit doch gar nicht ist. Am Ende gibt es nur Schurken oder keine. Was also ist Gut und Böse?“
Basti leicht verwirrt: „Was weiß ich. Aber du bist sicher nicht gut! Soviel ist klar.
KdN: „So, und warum bin ich nicht gut?“
Basti triumphierend: „Schau doch nur, was du den Menschen antust. Du nimmst ihnen ihre Identität.“
KdN lacht: „Aber nein, Basti: Ich befreie die Menschen! Ich befreie sie von ihrer Individualität – Dann sind sie endlich aufgehoben in einem Kollektiv, wo alle gleich sind.“ Schwärmerische Bewegung mit den Armen in Richtung Publikum „Wo alle…eins sind!“ wendet sich zornig an Basti „DU bietest ihnen nicht die Freiheit, die ICH ihnen bieten kann.“
Basti ungläubig: „Freiheit?“
KdN: „Aber ja, wo alle gleich sind, gehören auch alle dazu. Sie sind frei von dieser Illusion, sie wären jemand, und dürfen endlich das sein, was ihr anderen auch seid, aber ständig leugnet zu sein: Niemand. Sieh dich doch hier um, mein lieber Basti: wer bist du schon? Und wer wirst du werden? Was unterscheidet dich denn so sehr von den anderen, dass du daran festklebst? Doch nur der Glaube, du wärst etwas Besonderes. Wie herrlich, wie entspannend, wenn man diesen Irrtum endlich aufgeben darf.“
Basti: „Wie kannst du es wagen? Du nimmst ihnen ihre Menschlichkeit!“
KdN: „Das wäre immer noch besser, als zu tun, was du tust: Du willst sie befreien und am Ende liegen sie blutend am Boden, von dir niedergestreckt, gemordet im Namen deiner Menschlichkeit! Bist du je auf die Idee gekommen, dass sie für mich kämpfen, weil ich ihnen etwas gebe, was deine sogenannte Freiheit niemals kann?
Basti verächtlich: „Was gibst du ihnen denn?“
KdN: „Eine Plattform. Einen Ort. Einen Platz, an dem sie tun und lassen können, was sie wollen. Keiner kann sie erkennen, sie sind anonym. Sie sind frei, zu tun, wonach ihnen der Sinn steht, zu sein, was immer sie sein wollen.
Basti: „Aber du raubst ihre Gesichter, versteckst sie in einem Buch und sagst, sie gehörten dir!“
KdN: „Aber Basti, sie geben sie mir freiwillig. Sie wissen, worauf sie sich einlassen.“
Basti: „Das glaube, wer will. Ich jedenfalls nicht.“
KdN: „Du kennst dich ja selbst nicht. Du tust doch hier nichts anderes. Aber Sarastro hat dein Denken so vernebelt, dein bisschen Verstand so mit Parolen verstopft, dass du die Welt nur noch aus diesem kleinkarierten Blickwinkel wahrnehmen kannst. Er wird dir alles rauben, was dich ausmacht, warte es nur ab. Nun, ich habe getan, was ich konnte. An mir sollte es nicht liegen. Du wirst noch angekrochen kommen und so angewidert von all den Lügen und Scheinheiligkeiten sein, dass du darum bettelst, Teil des großen Meeres zufriedener, unwissender Faceless zu werden. Aber dann ist es zu spät, du Tor!“
Basti stolz: „Niemals“
KdN geht lachend ab: „Ach, wie oft ich das nun schon gehört habe.“
2. Akt, 1. Szene
Im Cafe
Rechts auf der Bühne steht ein runder Tisch mit drei Stühlen. An diesem Tisch sitzt bereits Wiona und tippt auf ihrem Handy herum. Links auf der Bühne stehen drei Stehtische leicht versetzt. An einem dieser Tische steht Phil und schaut ebenfalls auf sein Handy.
Phil ohne aufzublicken: „Weißt du, ob die anderen noch kommen?“ Erst jetzt sieht er Wiona an. Wiona etwas unbeholfen: „Ja, ähm, ich hoffe mal – also Polly meinte jedenfalls, dass sie auf jeden Fall kommen würde.“
Phil wirkt erleichtert, die beiden schweigen wieder und beschäftigen sich weiter mit ihren Handys. Der Kellner kommt mit einem Notizblock und Stift.
Kellner zu Phil: „Heute nur ihr zwei?“
Phil: „Was? Ach, nee, ich nehme an, die anderen kommen noch.“
Kellner: „Was darf es denn sein? Das Übliche?“
Phil: „Ja, einen Pott Kaffee, bitte?“
Kellner freundlich zu Wiona: „Und für dich einen Cappuccino mit extra Zucker?“
Wiona sieht von ihrem Handy auf und ist sichtlich erfreut: „Genau, Dankeschön!“
Der Kellner steckt den Block wieder ein und wendet sich wieder an Phil.
Kellner: „Und? Hat Jens dir mit dem Router weiterhelfen können?
Phil lebhaft: „Ja, dank dir nochmal. Dein Freund hat echt Ahnung. Mein Internet ist jetzt deutlich schneller.“
Kellner: „Fein, das freut mich. Helfe doch immer wieder gern.“ Er grinst und verschwindet.
Lily kommt herein; sie telefoniert.
Lily: „ja…. Werde ich machen….. ne, jetzt bin ich grad reingekommen…. Was? Lass uns später sprechen…. Ja, schreib ich dir. Muss jetzt wirklich…. Jaha…. Ja, Tschüß.“ Sie seufzt und setzt sich neben Wiona. „Das muss man mal sagen: WhatsApp hat auch Nachteile!“
Wiona: „Wieso?“
Lily: „Man ist so überprüfbar! Meine Mutter kann eine richtige Stalkerin sein, wenn sie sich in was verrennt. Nicht nur, dass ich eine Freundschaftsanfrage von ihr annehmen sollte,“ Wiona grunzt mitleidig, „jetzt kontrolliert sie auch noch ständig, wann ich online bin. Und eben meckert sie rum, weil ich heute Nacht unterwegs war und gegen drei Uhr noch auf WhatsApp war.“
Wiona: „Du bist Studentin. Was denkt sie denn?“
Lily: „Dabei bin ich noch richtig zahm, weil ich gerade fürs Laufen trainiere. Die anderen machen viel mehr Party!“
Wiona: „Und außerdem bist du erwachsen!“
Nina kommt herein, tippt die ganze Zeit auf ihr Handy ein und rennt von hinten gegen den Kellner, der mit den Bestellungen von Phil und Wiona kommt.
Kellner: „Holla. Augen auf - in der richtigen Welt!“
Nina: „Oh,Entschuldigung!“
Sie setzt sich zu Wiona und Lily.
Nina: „Hallo ihr zwei. Na, alles in Ordnung? Sagt mal, kann mir einer von euch erklären, wie ich das Profilbild hier ändere? Polly will, dass ich es entferne, weil sie mit drauf ist.“
Lily nimmt Ninas Handy und tippt darauf herum: „Irgendwie hast du das Bild doch drauf bekommen.“
Nina etwas kleinlaut: „Das hat mir ein Freund gemacht.“
Wiona: „Also manchmal kann einem Polly ganz schön auf die Nerven gehen.“
Nina schwankt zwischen Zustimmung und Entrüstung: „Naja, ich versteh sie schon. Sie ist nicht auf Facebook und nun haben die WhatsApp geschluckt. Das heißt, unsere Daten landen schon wieder für immer und ewig auf irgendwelchen Servern und gehören uns nicht mehr.“
Wiona: „Na, dann ist es fürs Löschen ja sowieso zu spät. Was glaubt Polly denn? Dass sich der CIA für sie interessiert?“
Polly kommt herein und hört Wionas letzte Bemerkung. Sie lacht und Wiona fährt erschrocken herum.
Polly: „Siehst du Wionaschatz, wie schnell es prekär werden kann, wenn man überwacht wird?“
Wiona peinlich berührt: „Ich finde halt nur, dass du manchmal übertreibst.“
Polly hört ihr nicht zu, sondern starrt Phil an, der sein Handy beiseitegelegt hat und Polly anlächelt.
Polly bissig: „Du lebst also noch? Wie schön!“
Phil geht auf sie zu, traut sich aber nicht sonderlich weit und bleibt unschlüssig stehen: „Hör zu, es tut mir leid, dass ich letztens nicht da war. Mir ist was dazwischen gekommen. “
Polly: „Aha, gut zu wissen. Nur was mich interessieren würde: seit wann nimmst du Zuflucht so solch lahmen Begründungen?“ Sie macht ihn nach. „Mir ist was dazwischen gekommen.“ Sie zuckt mit den Schultern und wendet sich Nina zu. „Ich hoffe, ich nerve dich nicht damit, dass du das Bild löschen sollst?“
Nina sieht erst Phil an und dann Polly. Schließlich schüttelt sie den Kopf.
Nina: „Nein, ich versteh schon, selbst wenn ich das nicht ganz so eng sehe.“
Wiona: „Ich versteh die ganze Aufregung aber nicht. Immer diese Angst vor der Überwachung. Erstens sind wir alle total unwichtig und zweitens: ich hab nichts zu verbergen.“
Polly mit einem leicht hysterischen Lachen: „Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll! Ich kriege einfach nur Schnappatmung, wenn ich so etwas höre.“
Lily etwas besorgt: „Dann lass es doch lieber. Kann doch jeder eine eigene Meinung haben.“
Polly: „Klar, aber die sollte doch wenigstens auf Fakten beruhen.“
Wiona jetzt ernstlich böse: „Was du so alles Fakten nennst! Bei dir sind der CIA oder Facebook immer gleich die fiesen Verbrecher.“
Polly leicht überrascht, dass Wiona so in die Diskussion einsteigt: „Wieso CIA oder Facebook, Wiona? Das ist inzwischen fast schon ein und dasselbe.“
Wiona: „Siehst du: das machst du immer. Bei dir ist alles immer so plakativ.“
Polly: „Klar und so ein Spruch wie „ich habe nichts zu verbergen“ ist ein Ausbund an Differenziertheit, ja?“
Nina vergräbt das Gesicht zwischen den Händen, Lily nimmt ihr Handy und Phil rauft sich die Haare. Als er sieht, dass Nina ihm Zeichen macht, einzuschreiten, zieht er Polly am Arm und Lily hält Wiona Ninas Handy hin, damit die sich um das Löschen des Bildes kümmert. Laura und Caroline kommen herein, sie begrüßen die anderen mit Gesten und stellen sich, mit den Handys in der Hand, an einen Stehtisch.
Phil: „Bitte, Polly, lass uns endlich reden!“
Polly will noch etwas zu Wiona sagen, dreht sich dann aber doch seufzend zu Phil um.
Polly mit verschränkten Armen: „Worüber Phil? Es ist doch alles klar: du bestehst auf einer Verabredung, kommst nicht und sagst nicht ab. Also – worüber willst du jetzt noch reden?“
Phil unsicher: „Darüber, dass es mir leid tut.“
Polly: „Fein, dann bade in deinem schlechten Gewissen! Solange du mir nicht vernünftig erklären kannst, was mit dir los ist, werde ich mich ganz sicher nicht mehr mit dir verabreden.“
Phil starrt sie entsetzt an: „Polly!“
Polly: „Ja was, Polly! Denkst du echt, ich sitze noch mal blöde herum und warte auf dich?“
Phil: „Es kommt ganz sicher nicht wieder vor. Glaub mir!“
Polly: „Wieso sollte ich? Du sagst mir ja noch nicht einmal, was war.“
Phil windet sich: „Ich hatte was zu erledigen und habe nicht auf die Zeit geachtet.“
Polly: „Und was hattest du zu erledigen? Was war so wichtig, dass du mich vergessen hast?“
Phil: „Ich habe nicht dich vergessen, sondern die Zeit. Mir ist nichts wichtiger als du, Polly. Mann, das kann doch mal vorkommen. Du machst doch auch tausend Sachen. Das Leben ist eben vielfältig.“
Polly ungläubig: „Was bitte? Vielfältig? Ich zeig dir mal, wie vielfältig das Leben sein kann: man kann zum Beispiel von einem Augenblick auf den anderen Single werden. Ist das vielfältig genug?“
Phil alarmiert: „Jetzt machst du aber aus einer Mücke einen Elefanten!“
Polly schnauft und stemmt die Arme in die Hüften: „Nein, du versuchst einen Elefanten auf Mückengröße runter zu reden!“
Phil nun ebenfalls wütend: „So kommen wir nicht weiter!“
Polly: „Sag ich doch.“ Sie wendet sich an Caroline. „He, Caro? Wolltest du mich nicht etwas wegen Wirtschaft fragen?“
Caro schreckt ein bisschen hoch: „Was? Wirtschaft?? Wieso Wirtschaft? Ach, ja. Fragen, genau: Die Aufgaben mit dem Bruttosozialprodukt, die ich nicht kapiert habe. Da wollte ich was fragen. Nämlich, was wir da machen sollten. Genau!“
Polly stellt sich zu Caroline und die beiden reden leise miteinander. Unterdessen kommt Basti herein. Laura erstarrt und alle schauen Basti abwartend an. Er geht auf Laura zu und will sich neben sie stellen. Dadurch gerät er zwischen Caroline und Polly. Phil nutzt die Gelegenheit und zieht Polly zu sich an den Tisch.
Basti: „Hallo, tut mir leid. Ich bin zu spät!“
Er lächelt Laura gewinnend an, aber die beschäftigt sich weiter wortlos mit ihrem Handy. Betretendes Schweigen, jeder nimmt sein Handy und beschäftigt sich damit. Da kommt der Kellner mit den Getränken. Allgemeine Erleichterung, Der Kellner stellt die Kaffeetassen hin.
Kellner: „So, was darf es denn für die anderen sein?“
Lily hebt die Hand: „Ich glaub, ich brauch jetzt ‘nen Schnaps!“
Der Kellner fängt an zu schreiben. Da bestellt einer nach dem anderen ebenfalls einen Schnaps.
Polly: „Und ich nehm einen Doppelten.“
Laura betont: „ Ich möchte lieber eine Apfelschorle.“
Der Kellner geht ab.
Wiona: „So, ich geh jetzt zu Primark!“
Lilly und Nina „Viel Spaß!“
Polly (ironisch) „Wunderbar!“
Als Wiona weg ist, kommt Rudi auf die Bühne. Er geht auf Phil zu und begrüßt ihn mit Handschlag.
Rudi „Hey Phil! Gut, dass ich dich treffe. Du bist doch Samstagabend mit dabei, nicht?“
Phil macht eine abwehrende Geste mit der Hand, um Rudi zu verdeutlichen, dass er leise sein soll.
Rudi: „Mann, wir brauchen dich!“
Phil genervt und leicht nervös: „Jaha!“
Rudi holt sein Handy raus: „Perfekt, ich schreib´s gleich den Jungs!“
Phil zischt Rudi zu, dass er leise sein soll. Polly schaut die beiden misstrauisch an.
Rudi verwundert: „Was ist denn los?“
Phil beugt sich zu Rudi vor, mit eindringlicher Stimme: „Wir reden später! Klar?“
Rudi nickt verschwörerisch, obwohl er offenkundig nichts versteht. Plötzlich wirft Laura ihr Handy auf den Tisch und schreit Basti an.
Laura wutentbrannt: „Was soll das denn bitte heißen? Ich enge dich ein!?! Wo enge ich dich denn bitte ein?“
Basti stürzt Laura hinterher: „So war das doch nicht gemeint!“
Laura „Sondern?“
Basti: „Ich meine doch nur, dass du mir ab und an mal etwas Freiraum geben solltest.“
Laura: „Freiraum? Freiraum? Wir haben uns seit Wochen nicht gesehen!“
Basti: „Nun übertreibst du aber! Was war denn mit Dienstag? Laura sieht ihn anklagend an. Er holt tief Luft. Gut, da habe ich abgesagt –aber ich habe halt auch noch andere Sachen zu tun. Die Arbeit war anstrengend.“
Laura: „Dann schreib mir doch wenigstens. Ich will wissen, wo du bist und wie es dir geht. Das ist doch nicht einengend!“
Basti: „Ich habe geschlafen! Was erwartest du von mir?“
Laura: „Ich erwarte, dass du für mich da bist! Du bist schließlich mein Freund!“
Basti: „Aber das heißt doch nicht, dass ich immer Zeit für dich haben kann!“
Laura: „Das sollte es aber!“
Basti: „So kommen wir aber nicht weiter!“
Laura: „Das finde ich allerdings auch!“
Die beiden starren sich einen Moment wütend an. Dann dreht Bast sich von Laura weg.
Basti: „Also du bist total stur. Ich kann das nicht leiden, wenn du immer nur meckerst. Das interessiert dich ja nicht, was ich dir sage. Du tust so, als hätte ich dich bei Schnee und Regen im Wald vergessen!“
Laura: „Mann! Und du tust so, als wäre es völlig normal seine Freundin andauernd zu versetzen!“
Basti: „Das ist überhaupt nicht andauernd!“
Laura: „Ist es doch!“
Wieder schweigen beide.
Basti: „Also, was ist jetzt? Soll das die ganze Zeit so weitergehen?“
Laura: „Nein, soll es ja eben nicht. Aber du willst ja nicht zugeben, dass du dich falsch verhältst.“
Basti knurrend: „Das war ja so klar, dass ich jetzt wieder der einzige bin, der schuld ist! Aber bitte, was erwartest du dann jetzt von mir? Soll ich auf dem Bauch herum robben und dich um Verzeihung bitten?“
Laura: „Das wäre wenigstens ein Anfang.“
Basti: „Darauf kannst du lange warten.“ Er dreht sich um, geht zum Tisch zurück, nimmt sein Sachen und geht wütend hinaus. Laura steht verdutzt da und weiß nicht recht, was sie tun soll. Dann ruft sie hinter Basti her.
Laura: „Glaube aber nicht, dass ich ewig warte. Irgendwann ist es zu spät!“
Basti gibt kein Zeichen, dass er sie gehört hat und geht ab. Laura stellt sich neben Caro. Der Kellner bringt die Getränke und Polly stürzt ihren Schnaps in einem Zug herunter.
Phil: „Polly, es muss doch bessere Lösungen geben als das hier.“
Polly lacht: „Du klingst wie ein Wanderprediger. Außerdem muss du nicht meinen, das hier hätte etwas mit dir zu tun. Wie gesagt: du bist ein freier Mensch.
Phil: „Ich will aber gar nicht frei sein!“
Polly: „Ach Mann! Du weißt echt nicht, wovon du redest. Und ich, ich kann nicht mehr, hörst du?“
Phil windet sich: „Ich finde eine Lösung. Versprochen. Ich tu was du willst. Sag einen Abend und ich bin da!“
Polly: „Bitte, wie du meinst. Aber wenn das nicht hinhaut, dann ist es vorbei, klar? Also, morgen auf Lauras Feier. Wenn du da nicht aufkreuzt, dann ist alles gesagt.“
Phil sieht sehr erschrocken aus und sich verzweifelt nach Rudi um, der aber immer noch mit den Damen flirtet.
Polly: „Sag lieber gleich, wenn du es nicht schaffst. Dann können wir uns das Trauerspiel sparen!“
Phil: „Nein, nein. Ich… ich schaffe das. Versprochen.“
Polly nimmt ihre Sachen, sieht sich nach dem Kellner um: „Wir werden sehen. Ich muss los. Also, entweder bis morgen oder gar nicht!“
Polly geht ab. Phil geht zum Tisch zurück und brütet vor sich hin.
Nina: „Also wirklich Leute, das wird eine interessante Feier.
Lily: „Mit viel Ärger im Paradies…“
Rudi zu Nina: „Also, ich kann leider nicht.“
Nina ignoriert ihn. Lily kichert und wendet sich Rudi zu.
Lily gespielt traurig: „Ach, das ist aber total schade, Rudi.“
Rudi verdutzt über die erste freundliche Reaktion: „Ja, finde ich auch, aber ist halt richtig wichtig. Ich sag dir, das ist einer der heftigsten Schlachten seit langem und alle fiebern mit, weil sich diesmal Horatio und Tybalt gleich stark gegenüberstehen werden.
Lily verständnislos: „Wovon redest du?“
Rudi: „Von Samstag, Mann. Ich kann nicht, weil ich zocken muss.“
Lily rückt ein bisschen von ihm ab: „Echt jetzt? So was machst du?“
Rudi: „Wieso, ist doch normal.“ Lacht. „Glaubst du ich wäre der einzig hier? Er sieht Phil an, aber der starrt nur auf sein Handy und scheint in einer anderen Welt zu sein. „Naja, aber ist ja auch egal. Vielleicht geht’s ja diesmal richtig schnell und ich komm noch vorbei.“
Lily: „Ja, mach mal, da wird sich Nina bestimmt freuen.
Nina sieht von ihrem Handy auf.
Nina: „Worüber werde ich mich freuen?“
Lily betont fröhlich: „Der Rudi wird versuchen am Samstag noch bei Laura vorbeizukommen.
Laura: „Aber nur, wenn du mir vorher das Bier abholst und vorbeibringst. Du hast doch ein Auto, oder?“
Rudi männlich: „Kein Problem. Aber schon mittags, weil nachmittags hab ich keine Zeit und morgens muss ich echt mal auspennen.
Caro: „Wieso soll denn Rudi das machen, wollte Basti das nicht erledigen?
Laura: „Nein, ich wollte, dass Basti das erledigt und nun will ich es nicht mehr.
Caro: „Hast du ihm das denn gesagt?“
Phil plötzlich: „Bestimmt nicht. Mit seinem Freund kann man ja umgehen, wie man will, wenn der was falsch gemacht hat. Da gibt es kein Erbarmen und keine Menschenrechte!“
Alle sehen Phil an, der anfängt aufgebracht seine Sachen zusammenzusuchen.
Phil: „Wirklich: man kann sich entschuldigen, wie man will. Ihr lasst einen lieber fallen als zu verzeihen.“
Caro: „Das kannst du doch nicht einfach so verallgemeinern.“
Laura: „Außerdem muss man sich ja auch wenigstens entschuldigen; aber manche machen ja nicht einmal das!“
Nina: „Erst seine Freundin sitzen lassen und dann in Selbstmitleid versinken, ist dann auch nicht sehr überzeugend!“
Rudi: „Am besten ist, du hast erst keine Freundin.“
Nina: „Ach…“
Rudi eilig: „Oder eben die richtige!“
Phil: „Ich hab schon die Richtige, aber das weiß sie anscheinend nicht.“
Rudi mitleidig: „Phil, du laberst Stuss.“
Phil: „Weiß ich. Ich bin so sauer auf mich selbst. Aber das muss ich mit mir ausmachen. Sorry Leute, aber ich kann grad nicht.“
Phil rennt hinaus
Nina steht nun auch auf: „Ich sag doch: das wird eine interessante Feier.“
Rudi und Lily unisono: „Du gehst?“
Nina: „Ja, ich bin müde und muss noch einige Klamotten bis morgen fertig nähen. Es wird Zeit.“
Lily springt ebenfalls auf: „Eigentlich gar nicht so blöd. Ich sollte auch los.“
Rudi: „He, warum so plötzlich? Heute Abend hätte ich Zeit! Wir könnten doch in einen Club und Party machen.“
Lily dreht sich zu ihm um: „Ein andermal vielleicht, ja?“
Lily und Nina gehen ab. Rudi sieht ihnen kummervoll nach.
Rudi: „Also wirklich. Geh ich halt allein. So ist das immer. Kein Wunder, dass man lieber zockt, wenn die Weiber alle Ziegen sind.“
Rudi geht ab.
2. Akt 2. Szene Zweiter Spielzug In Philips Zimmer.
Rudi: „Mann, Mann, Phil! Endlich. Ich hab mir schon richtig Sorgen gemacht. Bist du bereit?“
Phil: „Ja, schon. Aber immer mit der Ruhe. Heute geht es doch um nichts.
Rudi empört: „Wie bitte? Es geht um eine ganze Menge: Wir müssen den anderen den Rücken freihalten und die Schlucht des Schreckens halten. Die anderen Horden brauchen Punkte! Seit wann geht es denn hier nur um dich, Tybalt?
Phil: „He, sorry. So war das doch nicht gemeint.“
Rudi: „Ich mein ja auch bloß. Du klingst echt irgendwie komisch. Und wenn ich da an deinen gestrigen Auftritt denke, das war schon heftig. Ich bin doch davon ausgegangen, dass deine Freundin Bescheid weiß. Sonst hätte ich mich doch nicht so blöd verhalten!“
Phil seufzend: Du hast so was von Recht.“
Rudi: „Und ob ich das habe! Ich verstehe es sowieso nicht. Warum erzählst du es ihr nicht einfach? Was ist denn am Zocken so schlimm?“
Phil: „Sag mal, wollen wir heute kämpfen oder wird das eine Beziehungsberatung?“
Rudi lacht: „Mach mal langsam. Ist noch Zeit und warum nicht mal eine Runde ‚Frag-den-Rudi‘. Von mir kannst du noch was lernen!“
Phil mit leisem Sarkasmus: „Da bin ich mir sicher!“
Rudi: „Bursche, du bist mir ein Rätsel. Immer so empfindlich und keiner soll was wissen. Vergiss nicht: Wir sind deine Horde. Hier gehörst du hin. Wir halten zusammen, egal wo und wie. Manchmal braucht ein Mann einfach Freunde!“
Phil: „Okay, mir sind die Dinge etwas aus dem Ruder gelaufen. Aber ich bekomme das wieder in den Griff, klar?“
Rudi: „Mann, Frauen! Da macht man was mit. Hauptsache ist, dass du nicht auf dumme Gedanken kommst. Du wirst hier gebraucht. Wir verlassen uns auf dich! Vor allem am Samstag. Also komm mir nicht damit, dass du zu Lauras Party musst!“
Phil: „Mach dir keinen Kopf, Rudi. Ist doch klar, dass ich euch nicht hängen lasse.
Rudi: „Hast du mal überlegt, dass du vielleicht die falsche Freundin hast? Das ist der wichtigste Kampf seit fast zwei Jahren. Und du willst wegen einem Mädchen möglichst kurzen Prozess machen?“
Phil: „Das mit Pollys Ultimatum ging so schnell, da fiel mir nichts mehr ein.“
Rudi: „Warum suchst du dir bloß so eine Meckerliese aus? Zeig ihr doch mal ihren Platz, Mann! Seit wann sollen wir machen, was eine Frau sagt?“
Phil lacht: „Das blüht dir auch noch, warte es nur ab!“
Rudi: „Nee! Wenn eine von mir wollte, dass ich nach ihrer Pfeife tanze und hier nicht antreten kann, wenn es nötig ist, dann: ‚Adios‘ meine Kleine. Wirklich. Hier ist mein wahres Zuhause.“
Phil: „Sicher Rudi, aber jetzt sollten wir uns doch auf das Wesentliche konzentrieren, oder?“ Er klickt verschiedene Felder an. „Es fehlen nur noch zwei, Kantarell und Wogodan, dann können wir ausrücken. Welche Waffen hast du geladen?“
Rudi militärisch stramm: „Wie besprochen habe ich fast alle Blitzkugeln und nur einen flammenden Speer.“
Phil: „Schön, wir gehen beide den Plan nochmal durch und dann kontaktierst du die ganze Horde. Ich verlass mich auf dich.“
Rudi: „Das kannst du, mein Alter. Das kannst du!“
2. Akt 3. Szene Zweite Vigilie
Philips Zimmer
Der Imperator steht mit gezücktem Schwert in Siegerpose bis die Musik zu Ende ist. Dann bewegt er sich majestätisch auf Philips Bett zu. Der liegt schlafend auf dem Rücken. Der Imperator hebt sein Schwert, ächzt dabei, greift sich mit leichter Grimasse in die Taille und legt das Schwert dann Philip an die Kehle.
Imp.: „He, Bürschchen! Los aufgewacht.“
Philip bewegt sich ein bisschen, macht die Augen auf und will aufspringen. Da drückt ihm der Imperator die Waffe noch ein bisschen stärker an den Hals.
Phil ironisch: „Wow, jetzt machst du mir ja richtig Angst, Alter! Zu schade, dass dies ein Traum ist und du mit diesem Ding hier wenig ausrichten kannst.“
Phil schiebt das Schwert genervt zur Seite und richtet sich auf. Der Imperator geht zurück, hält Philip derweil mit seinem Schwert auf Abstand.
Imp.: „Kommt ganz darauf an, wovor du dich fürchtest.“
Phil: „Na davor ganz sicher nicht. Du kannst mich nicht verletzten.
Imp.: „Ich kann schon, aber davon später. Zunächst mal haben wir zwei etwas zu bereden.“
Phil: „Wunderbar, mitten in der Nacht. Jetzt stiehlst du mir auch schon nachts die Zeit!“
Imp: „Verdrehst du da nicht etwas, junger Freund? Nicht ich, sondern deine grausame Herrin Malafoia raubt dir dein Leben!“
Phil ungeduldig: „Jetzt schwing hier keine Reden, komm lieber zum Punkt. Was willst du?“
Imp. richtet sich auf: „Ich werde dich aus deiner Knechtschaft befreien.
Phil lacht bitter auf: „He, das ist ja mal ganz was Neues. Und was hast du alles anzubieten? Freiheit, Gerechtigkeit, Demokratie?“
Der Imperator scheint verwirrt. Er stützt sich auf sein Schwert und schüttelt mit dem Kopf.
Imp.: „Mein Sohn, du verhöhnst nicht mich, du verhöhnst nur dich selbst. Soweit hat Malafoia dich schon gebracht, dass du die Wahrheit nicht mehr sehen und an das Gute nicht mehr glauben kannst!“
Phil: Bitte, verschon mich! Wenn Leute wie du mit Begriffen wie Wahrheit um sich schmeißen, dann haben sie meistens schon den Dolch in der Hinterhand. Da ist mir so ein blödes Schwert schon lieber. Das hat mehr Wahrheit zu tun als dein dummes Gequatsche.“
Imp. hebt das Schwert noch höher: „Ich werde dir den Respekt schon noch beibringen, du Wurm!“ Dann lässt er das Schwert wieder sinken. „Du bist verblendet, das sollte ich nicht vergessen. Das Böse hat sich in dir schon breitgemacht. Aber dein Herz ist doch noch nicht ganz verhärtet, oder? Du musst doch spüren, wie falsch es ist, mich zu bekämpfen.“
Phil steht seufzend auf: „Ich sehe schon, so schnell werde ich dich nicht wieder los. Also müssen wir wohl den ganzen Katechismus gemeinsam herunterbeten?“
Imp.: „Es ist wohl das Vorrecht der Jugend die Ignoranz ganz ungehindert auszuleben. Darum will ich dich für deine Worte jetzt nicht tadeln. Denn offenbar ist dir ja nichts mehr heilig.“
Phil: „Jetzt wedelst du mir auch noch mir der Heiligkeit vor der Nase herum?“ Er zählt an seinen Fingern ab: „Freiheit, Wahrheit, Heiligkeit. Schon drei Worthülsen und doch keinen Meter weiter.“ Er lacht. „Du liebes Bisschen. Da diskutier ich mit einem Phantom über die Wirklichkeit.“
Imp. mit drohendem Unterton: „Mein lieber Freund, für dich habe ich mehr Wirklichkeit als dir lieb ist.“
Phil weicht betroffen zurück.
Imp.: „Siehst du, mein Lieber. Langsam erkennst du meine Macht. Aber fürchte dich nicht. Ich habe nur dein Wohl im Sinn. Ich weiß doch, wie traurig es in deinem Leben mittlerweile aussieht. Du enttäuschst diejenigen, die dich lieben, du belügst sie, du betrügst sie und irgendwann wirst du ganz alleine dastehen. Das willst du noch nicht, oder?“
Phil: „Ach, und wenn ich mich dir anschließe, wird das alles anders?“
Imp.: „Aber natürlich. Dann kämpfst du für das Gute. Wer für die richtige Seite kämpft, braucht keine weitere Rechtfertigung. Sein hehres Ziel entschuldigt seine Wege.
Phil: „Was? Das ist alles? Der Zweck heiligt die Mittel?“
Imp.: „Das ist zwar etwas ungenau, aber doch im Wesentlichen richtig. Denn ein gutes Herz weiß stets, dass es nicht für sich selber handelt, sondern das Wohl der anderen über das eigene stellt. Was können wir denn dafür, wenn die Malafoias dieser Welt uns in die Auseinandersetzung zwingen? Sollen wir uns ihrem Diktat etwa beugen? Sollen wir tatenlos daneben stehen und zusehen, wie sie die Schwachen versklavt, ihnen alles nimmt, was sie ausmacht, bis wir selber an der Reihe sind?“
Phil: „Aha!“
Imp.: „Nichts ‚aha‘! Du verstehst es nicht: das Böse muss bekämpft werden!“
Phil: „Wenn du das Böse nicht mit Gutem überwinden kannst, dann bist du nur die Kehrseite ein und derselben Medaille. Hältst du mich für so blöd? Du und deine Kohorten mordet die Faceless in rauen Mengen. Wie nennst du das denn?
Imp. glatt: „Kolateralschaden!“
Phil: „Ja schön, das Grausamkeit und Gleichgültigkeit so nett klingen können.“
Imp. beleidigt: „Letztendlich ist der Tod auch eine Form von Freiheit!“
Phil wütend: „Wofür bist du dann noch zu gebrauchen? Diese Freiheit kann ich mir auch selber nehmen!“
Imp.: „Du schon, doch all die armen Faceless nicht. Sie haben ihre Unfähigkeit eigene Entscheidungen zu treffen doch schon unter Beweis gestellt. Wir müssen für sie handeln.“
Phil: „Ein Imperator durch und durch! Du bietest Glasperlen und willst das Gold.“
Imp.: Doch werden wir das Gold, wie du es nennst, ja für das Gute nutzen. Die Welt wird blühen in dem Frieden, den wir bringen. Denn ich bin das Licht und Ordnung und werde das Chaos beseitigen. Wenn ich die Herrschaft gänzlich angetreten habe, dann wird die Freiheit über allem thronen und jeder Mensch kann seinen Traum verwirklichen, wenn er die Kraft und den Mut dazu aufbringt.
Phil: „Ach ja, diese schöne neue Welt haben schon so viele aufgerichtet. Dem Armen, Schwachen geht es aber auch darin schlecht. Verschone mich mit deiner Wahrheit. Du wirst meinen Geist ebenso versklaven, wie es schon Malafoia tut. Ihr seid beide dasselbe. Du bist nichts ohne sie und sie nichts ohne dich. Und wir stehen mittendrin und sind wahrhaftig Spielfiguren! Und was noch schlimmer ist: es wird nie aufhören. Die Gier ist niemals fertig.“
Imp. traurig und sehr gütig: „Ich sehe schon, mein Sohn, ich komme hier nicht weiter. Zu gerne hätte ich dir erspart, was deine Sturheit dir noch bringen wird: Malafoia wird dir dein Leben nehmen, denn sie lässt nicht übrig, wofür es sich noch zu leben lohnt. Wenn ich jetzt gehe, werde ich dir die Hand niemals mehr reichen können. Dann sind und bleiben wir Feinde bis in den Tod.“
Phil: „Das sind wir sowieso. Als ob es eine Seite gäbe, für die man sich entscheiden kann! Du würdest mir ebenso das Leben rauben. Warum also aufgeben, was ich schon erreicht habe, und das am Vorabend der Entscheidungsschlacht?“
Imp.: „Nun gut, so geh ich. Doch ich komme nicht mehr wieder! Bedenke deine Entscheidung wohl.“
Phil lacht: „Du bist die reinste Operndiva. Wie oft willst du mir noch von Abschied singen? Mach das du fortkommst, alte Nervensäge.“
Er treibt den Imperator von der Bühne. Dann setzt er sich mit hängenden Schultern auf sein Bett.
Phil: „Soweit ist es also schon mit mir gekommen. So bringe ich nun meine Tage und meine Nächte hin.“ Er betrachtet verzweifelt seine Hände. „Mein Leben zerrinnt mir zwischen den Fingern und ich kann nichts dagegen tun. Ich sollte wirklich aufhören, das Ganze hinter mir lassen. Wenn ich da draußen bin, dann, ja dann scheint es mir einen winzigen Augenblick denkbar: das Leben ohne dieses Spiel; so ganz normal. Aber wenn ich vor meinem Computer sitze und steige ein in meine andere Welt, dann schmerzt bereits der bloße Gedanke, ich würde all das hier verlieren. Mein ganzer Körper bäumt sich auf! Wie mit unsichtbaren Ketten werde ich gezogen und gefesselt. Und wie soll ich gerade jetzt ans Aussteigen denken? Jetzt, da das Schicksal mir meinen wichtigsten Gegner in die Hände spielt. Außerdem: die anderen verlassen sich auf mich. Ich muss diese Schlacht noch schlagen. Einmal noch! Einmal noch? Wirklich? Wem mach ich etwas vor? Es hat kein Ende. Alle Ziele, die wir erreichen, produzieren neue Ziele.“ Er springt auf und wandert in seinem Zimmer auf und ab. „Immer mehr verschwimmen all die Existenzen ineinander. Bald halte ich mein Leben für einen Traum und den Traum für mein Leben. Und wer bin ich dann? Tybalt, Philipp? Das sind nur Namen, wer steckt dahinter?“ Er betastet sein Gesicht. „Wer bist du, Namenloser? Was willst du? Was brauchst du? Ach!“ Er lässt sich wieder auf das Bett sinken. „Wenn es doch jemanden gäbe, der mich sehen könnte. Mich und nicht Philipp oder Tybalt. Einer, der in mein Herz sieht und besser als ich selbst versteht, was mich so heftig treibt, dass ich alles aufs Spiel setze, von dem ich glaubte, dass es mein Ein und Alles wär.“ Er vergräbt seinen Kopf in den Händen. „Ich brauche Hilfe, soviel steht fest.“ Er hebt den Kopf. „Das bisschen Vernunft, das da noch drin ist“ - er schlägt sich gegen die Stirn – „das reicht nicht mehr weit. Alleine komm ich da nicht raus! Die Wirklichkeit scheint mir immer flacher und farbloser. Was soll ich da draußen? Doch, was soll ich stattdessen in der Welt des Scheins? Wo ist mein Platz? Wo pass ich hinein? Wo will ich hineinpassen? Ist da draußen irgendeine wahre Macht? Ein wahrer Retter? Wenn ja, dann sollte er mir endlich helfen. Dann will ich mich in seine Hände geben. Denn ich weiß keinen Rat mehr! Komme, was will!“
3. Akt, 1. Szene
Bei Laura zu Hause. Noch ist alles in Unordnung. Auf dem Stehtisch und auf dem Boden liegen Dekosachen und Tüten mit Luftballons (alles in Weiß). Laura und Nina sind damit beschäftigt eines der beiden Sofas zu verschieben, während Caro und Wiona von hinten mit einem Tisch die Bühne betreten. Lilly schaut sich das Ganze fachmännisch an und steht allen im Weg. Polly steht am Stehtisch und pustet Luftballons auf. Die vier Mädchen kollidieren miteinander und brauchen einen Moment, um aneinander vorbei zu kommen. Schließlich steht das Sofa schief im Raum.
Laura: „So geht das nicht! Mann helft uns doch mal!“
Caro: „ Würden wir ja gerne, aber wir haben die Hände voll, meine Dame. Alles Schritt für Schritt. Also, wo sollen wir den Tisch abstellen?“
Laura: „Stellt ihn doch einfach da vorne vor das andere Sofa!“
Caro und Wiona stellen den Tisch ab und kommen dann Laura und Nina zur Hilfe. Gemeinsam schieben die Mädchen das Sofa in die gewünschte Position, treten dann einige Meter zurück und betrachten ihr Werk. Das wiederholt sich mehrere Male, der Tisch wird immer wieder von einem anderen Mädchen bewegt. Schließlich scheinen alle zufrieden. Laura tritt noch einmal vor, drapiert das Sofakissen neu und tritt wieder zurück in die Reihe der anderen Mädchen, um einstimmig festzustellen, dass ihnen ihre Arbeit gelungen sei. Die Mädchen lassen sich zufrieden auf die Sofas plumpsen und holen ihre Handys hervor. Nach einer Weile:
Caro: „Was fehlt denn jetzt noch?“
Lilly: „Das Essen!“
Laura: „Nee, das steht in der Küche. Da soll sich jeder was holen. Aber wir könnten die Chips und so verteilen!“ springt auf und deutet in Richtung Theke. „Außerdem sollt ihr mir noch bei der Deko helfen! Wir brauchen noch Schüsseln.“ Sie rennt in die Küche. Caro nimmt sich eine der Tüten mit den Girlanden und öffnet sie umständlich. Die anderen sind weiterhin mit den Handys beschäftigt, Laura kommt mit mehreren Schüsseln zurück.
Laura: „Verteilt das am besten auf die Tische.“ Sie geht zurück in die Küche
Wiona stellt eine leere Schüssel auf den nächstgelegenen Tisch ohne von ihrem Handy aufzublicken, um sich dann wieder auf das Sofa zu setzen und weiterzumachen. Lilly macht es sich bald auf dem anderen Sofa gemütlich und holt ebenfalls ihr Handy hervor, bevor sie eine Unterhaltung mit Wiona beginnt. Caroline ist die einzige, die arbeitet.
Lilly: „Habt ihr gestern das Spiel gesehen?“
Wiona: „Ja, klar. Die WG unter mir hat eine richtige Party veranstaltet. Hat total Spaß gemacht.“
Caro: „Laura und ich waren beim public viewing. Das ist immer eine tolle Atmosphäre, finde ich.“
Nina: „Ich weiß ja nicht. Ich fühle mich so im Taumel der Menge nicht besonders wohl. Und ich kann mich immer noch nicht an diesen Fähnchenmist und diese Kriegsbemalungen gewöhnen. Immer diese nationalistischen Stammesriten.“
Wiona: „Also wirklich! Lass den Leuten doch ihren Spaß. Das ist doch nicht schlimm. Im Gegenteil: ich finde es schön, wenn alle so zusammengehören.“
Caro: „Genau. Wir zittern gemeinsam, wir jubeln gemeinsam und wir hoffen gemeinsam, dass wir endlich mal wieder Weltmeister werden.“
Polly: „Also, ich werde ganz sicher nicht Weltmeister. Ich bin ganz schlecht im Fußballspielen….“
Caro ein bisschen beleidigt: „Du weißt genau, wie ich es meine.“
Wiona: „Sport ist eben Teil der Kultur. Es verbindet die Menschen. Denk doch nur, was Brasilien allein durch die WM an Ansehen gewinnt.“
Polly: „Quatsch, das hat nichts mit Ansehen zu tun, sondern mit Geld.“
Laura kommt herein und hört Polly letzten Satz.
Laura mit leichter Drohung: „Bitte Polly, heute mal keine Ausbeutungspredigten. Es ist mein Ernst, ich habe fast Geburtstag und will wenigstens einmal keine politische Diskussion!“
Lilly: „Obwohl ich auch finde, dass gerade im Fußball das Geld eine viel zu große Rolle spielt. Das macht den ganzen Sport kaputt. Die ganze Korruption und wenn man sich den Chef von der FIFA so ansieht…“ Alle sehen ganz verdutzt Lilly an.
Polly: „Genau, die Brasilianer selbst haben nämlich nichts von alledem. Außer, dass sie dabei zusehen dürfen, wie Fremdarbeiter unter den furchtbarsten Bedingungen schuften, Frauen als Prostituierte versklavt werden und kleine Geschäfte in den Ruin getrieben.“
Laura: schiebt Polly in Richtung der Küche: „Glaub mir, es ist mein voller Ernst. Du wirst jetzt strafversetzt in die Küche und wirst Gurken schneiden!“
Polly: „Wieso darf Lilly hierbleiben? Die ist doch auch gegen Ausbeutung!“
Lilly: „Weil ich mein Recht auf freie Meinungsäußerung noch habe. Du hast deines in zu vielen Diskussionen bereits verspielt!“
Polly entwischt Laura kurz und kommt zurück.
Polly: „Fußball ist wie Brot und Spiele: Es dient nur der Ablenkung!“
Nina: „Laura, deine Extremistin ist entkommen!“
Laura kommt aus der Küche und lacht.
Laura: „Ich kann auch zu Verschärfungen der Haftbedingungen greifen!“
Polly lässt sich abführen.
Polly: „Ja, ja, so sind alle Diktatoren!“
Wiona: „Endlich mal Ruhe.“
Rudi kommt schnaufend mit einem kleinen Bierfass herein.
Rudi japsend: „Da bin ich. Er stellt das Fass schnell ab und keucht. „Da sind noch zwei im Auto. Laura hat nicht gesagt, dass es so viele Fässer sein würden. Und im Getränkemarkt musste ich sie schon allein einladen. Und jetzt wohnt sie auch noch im vierten Stock ohne Aufzug!“
Nina sieht ihn abschätzend an.
Nina: „War das zu viel für dich? Soll eine von uns dir helfen? Immerhin der vierte Stock, da kommt man schon ins Schwitzen, nicht?“
Rudi entdeckt nun Nina, nimmt Haltung an und versucht normal zu atmen: „Pah, die paar Treppen. Für einen echten Kerl ist das ein Klacks. Da brauch ich doch keine Hilfe von einer Frau. Ich geh eben schnell die beiden anderen holen. Die sind noch unten. Bis gleich.“ Er geht ab.
Nina lacht und wendet sich Lilly zu: „Funktioniert immer. Solche Burschen sind derart berechenbar, dass es einem fast schon Leid tut.
Lilly nickt ohne aufzusehen: „Aber nur fast!“
Wiona: „Hoffentlich bekommt er keinen Herzkasper. Er sieht nicht aus, als würde er übermäßig Sport machen.“
Lilly fachmännisch: „Nee, ist wohl eher eine sitzende Tätigkeit plus leicht Überdosierung von Junkfood.“
Nina: „Da tun wir ihm doch was Gutes: Wir erhöhen seine Kondition.“
Wiona: „Wir sind selbstlos!“
Lilly stellt sich das Fass so hin, dass sie ihre Füße darauf legen kann: „Das sind Frauen von Natur aus.“
Nina: „Psst! Seid mal still.“
Alle lauschen.
Nina: „Habt ihr das Rumpeln gehört? Das klang fast so, als wäre ein Fass die Treppe herunter gefallen.“
Wiona: „Ja, und jetzt ist es still!“
Nina: „Nee, ich höre Rudi!“
Wiona teilnahmsvoll: „Weint er?“
Lilly: „Vielleicht ist ihm ein Fass auf den Fuß gefallen.“
Nina: „Glaub ich nicht, dann wäre es lauter.“
Lilly lacht: „Oder Rudi hat keine Kraft mehr zu jammern. Nein, Achtung: er kommt.“
Die drei beschäftigen sich wieder mit ihren Handys. Rudi wuchtet die beiden Fässer herein und sieht ziemlich mitgenommen aus. Schweigend stellt er sie ab und sieht Nina an.
Rudi mit gepresster Stimme und in dem Versuch seine Atemlosigkeit zu vertuschen: „Sieh…st du? Ist k…ein Thema für mich!“
Laura kommt herein und sieht die drei Fässer.
Laura: „Ach, nee. Wirklich. Warum schleppst du die denn hier hinein? Die sollen doch in die Küche.“
Rudi sieht sie fassungslos an und versucht sich unauffällig den Schweiß von der Stirn zu wischen.
Rudi schwach: „Ja, warum sagst du das denn nicht?“
Laura: „Ich dachte, du stellst es nur im Flur ab, als du eben kamst. Es sah aus, als bräuchtest du erst mal eine Pause. Ich habe doch nicht damit gerechnet, dass du gleich wieder losrennst.“
Rudi: „Ich n‘e Pause? Nein, wieso? Ist doch alles im grünen Bereich. Trag ich sie halt in die Küche. So weit wird das ja wohl nicht sein, oder?“ Er stemmt wieder ein Fass in die Höhe und geht hinter Laura her.
Laura im Hinausgehen: „Kannst du das Fass eigentlich anstechen? Ich weiß ja nicht, wie so was geht.“
Polly hat die Gunst der Stunde ausgenutzt und ist Laura entkommen. Sie setzt sich zu Nina.
Polly: „Manchmal wundere ich mich, warum Rudi und Phil befreundet sind. Die beiden haben doch nichts gemeinsam.“
Nina: „Das ist mir bei den meisten Männerfreunden ein Rätsel. Ich denke, Jungs haben weniger hohe Ansprüche an ihre Freunde.
Polly: „Nichts für ungut, aber bei Rudi hängen die Ansprüche meiner Meinung nach besonders tief. Keinen Intellekt, aber jede Menge Chauvinismus.“
Lilly: „Also, jetzt beurteilst du den Rudi aber falsch.“
Nina: „Genau: der Rudi ist doch eine Seele von Mensch!“
Wiona träumerisch: „Und so stark!“
Rudi kommt herein und die Mädchen fangen an zu lachen.
Rudi irritiert: „Ist was?“
Die Mädchen lachen noch mehr. Laura kommt hinter Rudi her.
Laura: „Was ist los? Ihr kommt aber auch gar nicht voran. Hier, Rudi muss los und soll jemanden zeigen, wie das mit dem Fass geht.“
Caro: „Das kann doch einer von den Jungs nachher machen.“
Laura: „Lieber nicht, nachher kommen die wie immer viel zu spät.
Rudi drängend: „Los, bitte, es wird langsam eng. Ich muss los, echt.“
Nina: „Also mit mir braucht ihr nicht zu rechnen. Ich habe zwei linke Hände und würde nur eine Überschwemmung hervorrufen.“
Polly steht entschlossen auf: „Komm, du Kompetenzler. Ich mach’s. Zeig mir, wie man mit einem Hammer umgeht!“
Rudi geht widerstrebend hinter Polly her.
Laura ruft hinter ihnen her: „Aber nur als Trockenübung, klar?“
Lauras Handy klingelt und sie liest kurz eine Nachricht. Dann schaut sie sich um.
Laura: „So, eigentlich ist soweit alles fertig.“
Caro: „Was? Nein, wir haben doch fast nichts dekoriert.“
Nina: „Und wir wollten dir doch noch mit den Salaten helfen.“
Laura: „Mit dem Rest komme ich hier bestens alleine klar. Ich wart total lieb, dass ihr alle geholfen habt.“
Wiona: „Also, wenn du denkst, wir wären durch, dann würd ich jetzt mal los. Ich hab noch einiges zu erledigen!“
Lily steht ebenfalls auf: „Ich komme auch mit, dann können wir zusammen fahren.“
Caro: „Nina und ich machen eben noch die Luftballons fertig. Ich kann das hier nicht so halbfertig liegen lassen.“
Polly kommt ohne Rudi aus der Küche zurück.
Polly: „Der hatte vielleicht Hummeln im Hintern. Rattert wie ein Wasserfall und rennt dann los.“ Sie stutzt. „Nanu, brennt es irgendwo? Allgemeiner panischer Aufbruch?“
Laura: „Nein, es ist nur Zeit. Ich brauche noch ein bisschen Ruhe bis hier alles voll ist. Den Rest schaffe ich locker!“
Nina sucht ihre Sachen zusammen: „Kann ich gut verstehen. Falls noch was ist, können wir das nachher ja auch noch machen. Wollen wir, Polly? Du kommst doch mit zu mir, oder?
Polly: „Jup, bin unterwegs.“ Zu Laura gewandt. „Bis nachher und keine Angst: ein Fass anzustechen ist einfach nur eine Frage der Gewalt und der Treffsicherheit.“
Laura mit einem leisen Lachen: „Na, dann bin ich ja beruhigt. Dafür bist du genau die Richtige.“
Polly und Nina ab.
Caro pustet hektisch Luftballons auf. Laura geht zu ihr und nimmt ihr den Ballon aus der Hand.
Laura drängend: „Lass gut sein, Caro. Du musst auch los.“
Caro: „Was ist bloß los mit dir? Wieso willst du uns alle so plötzlich loswerden? Geht es dir nicht gut?“
Laura: „Nein, es ist - ach, Caro. Es ist total blöd, aber Marc kommt vorbei, weil er dringend mit mir reden will.
Caro: „Marc? Der Marc, mit dem du dich vor einer Woche getroffen hast?“
Laura: „Vor einer Woche, schön wär’s. Nein, wir haben uns seitdem jeden Tag gesehen.“
Caro erschüttert: „Jeden Tag? Laura! Weiß Basti davon?“
Laura: „Wie denn? Du warst doch dabei – da war keine Chance auf nur ein vernünftiges Wort!“
Caro setzt sich hin: „Das klingt aber gar nicht gut!“
Laura: „Caro, bitte. Er kommt gleich! Ich will nicht, dass du dann noch hier bist.
Caro: „Ich bin mir aber nicht sicher, dass ich dich hier mit ihm alleine lassen soll. Was ist, wenn er insgeheim doch ein Irrer ist?“
Laura: „Caro, jetzt spinn nicht rum. Los, es ist mein Ernst.“
Caro widerstrebend: „Wenn du meinst. Aber ich möchte, dass du mir sofort eine Nachricht schickst, wenn er weg ist. Spätestens in einer halben Stunde. Sonst komm ich einfach zurück!“
Laura schiebt sie hinaus: „Mach ich, Mama. Keine Sorge, ich ende nicht mit einem Messer im Rücken.“
Caro im Hinausgehen: „Ja, das sagst du jetzt!“
Laura kommt alleine zurück. Sie räumt hektisch und planlos herum. Dann klingelt es und sie geht zur Tür. Wenig später kommt sie mit Marc zurück.
Laura: „Also, was ist so dringend, dass du es mir nicht schreiben kannst?“
Marc: „Es tut mir Leid. Ich musste dich einfach sehen. Und ich kann nicht bis heute Abend warten.“
Laura: „ Jetzt setz dich wenigstens hin; du machst mich ganz nervös.“
Marc setzt sich auf die äußerste Kante und wirkt sehr aufgeregt. Er fährt sich durch die Haare und setzt mehrere Male an.
Marc: „Ich will dir deinen Geburtstag bestimmt nicht verderben, aber…. Ich kann nicht kommen.“
Laura wirkt etwas betroffen. Sie setzt sich ebenfalls.
Laura: „Ja, aber du musst doch nicht extra vorbeikommen um abzusagen. Ist denn irgendetwas passiert?“
Marc: „Ja und Nein.“ Er macht eine kurze Pause und fährt dann fort. „Ich meine, ich könnte schon kommen, ich habe Zeit. Ist doch klar, ich habe mich ja auch gefreut, als du mich einladen hast. Aber inzwischen….“
Laura: „Was? Hab ich irgendwas getan?“
Marc: „Nein, auf keinen Fall. Es ist nur so, dass ich – versteh mich bitte nicht falsch.
Laura: „Bis jetzt versteh ich eigentlich eher gar nichts.“
Marc: „Ja, kann ich mir gut vorstellen. Also jetzt in klaren Worten: Ich möchte heute Abend nicht zu deiner Feier kommen. Ich kann es nicht. Du hast einen Freund.“ Er bricht ab. „ Wir hätten uns einfach nicht treffen sollen.“
Laura beunruhigt: „Sag doch so was nicht. Du wusstest doch, dass ich mit Basti zusammen bin, das ist doch nicht neu!“
Marc: „Nein, schon klar. Mann!“
Laura verwirrt: „Ich dachte, wir wären Freunde.“
Marc: „Glaub mir, ich wollte, wir könnten es sein. Aber ich kann nichts dagegen machen: Ich will dich nicht mit ihm zusammen sehen. Ich ertrag das nicht. Und das ist Mist. So sollte ich nicht empfinden. Ich renne die ganze Zeit durch die Gegend und versuche dieses Gefühl loszuwerden. Es geht nicht.
Laura: „Marc, bitte nicht; ich brauche dich. Die ganze Zeit hast du mir immer wieder versichert, dass du nichts anderes von mir willst, als mit mir befreundet zu sein!“
Marc: „Ich weiß und ich habe das wirklich, wirklich ernst gemeint. Es ist einfach so passiert.“
Laura: „Was ist passiert?“
Marc flehentlich: „Bitte zwing mich nicht, es auszusprechen. Du weißt es doch auch so.“
Laura traurig: „Heißt das, dass wir uns gar nicht mehr sehen werden?“
Marc: „Es geht nicht anders! Wärst es nicht du, dann würde ich mich ja auch nicht so einfach kampflos zurückziehen. Ich will mich nicht zwischen dich und deinen Freund drängen. Aber dich zu sehen und nichts zu tun, das halte ich auch nicht aus.“
Laura: „Das ist alles Bastis schuld! Du könntest dich gar nicht irgendwo hineindrängen, wenn er nicht vorher Platz gemacht hätte!“
Marc: „Wie meinst du das? Was ist mit Basti? Habt ihr euch verkracht? Laura, wenn ich nur einen Hauch einer Chance habe, dann musst du mir das sagen!“
Laura: „Ich kann nicht, in mir ist gerade alles wie taub. Basti lässt mich andauernd im Stich und nun auch noch du.“
Marc: „Das kannst du nicht vergleichen, Laura, denn so viel steht fest: wenn du meine Freundin wärst, dann würdest du hier nicht so sitzen.“
Laura: „Du musst mir Zeit geben, Marc. Ich kann jetzt nichts dazu sagen.“
Marc euphorisch: „Das musst du auch nicht. Du hast alle Zeit der Welt. Wirklich. Ich warte so lange es eben dauert.“
Laura hart: „Wird es nicht. Wenn ich mich nicht bis morgen gemeldet habe, dann ist dies unser Abschied.“
Marc starrt sie einen Moment an, dann atmet er tief ein: „Gut, dann soll das wohl so sein.“
3. Akt 2.Szene
Beide Computerecken sind rechts und links auf der Bühne aufgebaut. In der Mitte stehen die Königin der Nacht und der Imperator einander gegenüber, er hat sein Schwert gezückt und hält es in ihre Richtung, sie befiehlt ihren Faceless zu ihr zu kommen. Basti und Phil sind schon mitten in der Schlacht, sie hämmern auf der Tastatur herum und geben unterdrückte Laute von sich. Über die Lautsprecher hört man Rudi und Alex mit Warnrufen und ebenfalls kämpfend.
Rudi: „Das wird nix, das wird nix, oh Mannomann!“
Phil: „Atmen, einfach atmen und weiterkämpfen. Wo ist denn nun Horatio? Ich finde den Kerl nicht!“
Rudi: „Sven meinte, er hätte ihn auf S4 gesehen. Weia, sorry, gleich…“ Er haut auf die Tastatur, offenbar damit beschäftigt, einen Angriff abzuwehren. „So, erledigt. Also, was war? Ach ja, Horatio. Keine Panik, der findet dich schon!“
Phil: „Ja, aber wann? Ich hab nicht ewig Zeit!“
Rudi eindringlich: „Du weißt, was auf dem Spiel steht! Keiner von uns hat Bock, das ganze Level noch mal spielen zu müssen. Jetzt vergiss deine blöde Freundin und konzentrier dich auf das Wesentliche!“
Alex: „Basti, Basti! Ich hab ihn. Tybalt ist auf W5. Aber am Fluss steht die halbe Horde und lässt niemanden durch.“
Basti: „Ich könnte über den Berg gehen, aber das kostet mich Kraftpunkte. Er will schließlich ebenso kämpfen wie ich. Vielleicht sollte ich ihn einfach kommen lassen. Ich habe Zeit!“
Alex: „Dann pass gut auf deinen Hintern auf. Wir versuchen hier gerade die Ruine zu stürmen. Wenn du dann Tybalt in den Wald treiben kannst, können wir ihn von dort aus ins Visier nehmen.“
Basti: „Nein! Ich will ihn im Zweikampf erledigen. Darauf warte ich schon zu lange. Ihr schießt ihn nicht einfach ab, ist das klar?“
Alex brummig: „Du weißt schon, dass wir als Kohorte kämpfen und das hier nicht dein persönlicher Feldzug ist, oder?“
Basti: „Alex, jetzt komm mir nicht so. Mach einfach, was ich sage, klar?“
Phil: „Es reicht, ich geh jetzt nach S4!“
Rudi: „Wie denn? Sie haben die Ruine besetzt und die Schlucht ist auch dicht. Du müsstest über den Berg des Schicksals!“
Phil: „Mach ich einfach. Egal, ob es jetzt Kraftpunkte kostet oder nicht.
Rudi hypnotisch: „Mach das nicht, Tybalt, spar deine Kräfte. Du rennst sonst in deinen Untergang!“
Phil: „Genau das tu ich schon die ganze Zeit. Jetzt oder nie. Der Berg des Schicksals: das passt doch gut!“
Rudi: „Bitte, Phil, hör mir zu! Was ist denn bloß los? Bleib hier, Horatio wird dich finden. Sei doch vernünftig. Phil?“
Phil: „Na also: da bist du ja!“
Basti: „Endlich! Jetzt kann es losgehen!“
Die beiden stehen von ihrem Computer auf, greifen nach einem Schwert und gehen aufeinander zu. Der Kampf beginnt und die Gegner scheinen gleich stark zu sein. Immer wieder umkreisen sie sich. Im Hintergrund sieht man, wie die Malafoia ihre Faceless immer wieder auf den Imperator hetzt, aber auch hier gewinnt niemand. Phil wird immer ungeduldiger und heftiger. Schließlich rennt er mit dem Schwert in der Hand zu seinem Computer zurück und sieht auf sein Handy. Dann geht er langsam auf Basti zu und lässt sein Schwert sinken. Basti sticht ihn ein wenig erstaunt nieder und steht kopfschüttelnd daneben. Über Lautsprecher hört man Rudi und Alex, beide schreien, der eine vor Schreck, der andere vor Freude.
Alex: „Jetzt machen wir sie platt! Das ist das Ende der Horde. Wahnsinn!!“
Rudi: „Ich glaub es nicht. Was sollte das denn? Phil, bist du völlig durchgedreht?“
Phil: „Ja, scheint so. Oder nein, eigentlich nicht.“
Rudi: „Du hast dich gerade einfach töten lassen! Hast du den Krampf im Kopf, oder was? Jetzt verlieren wir die Schlacht. Du bist hin und drei unserer besten Kämpfer auch.“
Phil: „Ich werde ganz sicher nicht von vorn anfangen. Nein, für mich ist es vorbei.“
Rudi: „Jetzt geht’s aber los. Sag so was doch nicht.“
Phil: „Ist aber so. Ich werde jetzt meinen Account löschen, mein Freund.
Rudi: „Was? Phil, nein, tu das nicht. Wir stehen das zusammen durch. Das ist doch kein Grund auszusteigen. Gib doch nicht so einfach auf.“
Phil heiter: „Mann, du klingst, als wollte ich von der Brücke springen. Und du kannst reden, was du willst. Ich muss sowieso los. Wir können uns ja morgen treffen und reden.“
Rudi erleichtert: „Dann löscht du deinen Account also nicht.“
Phil: „Was? Wieso? Ich meinte, wir können uns in der wirklichen Welt treffen.“
Rudi: „Phil! Bitte, das ist doch nicht dasselbe. Wir haben hier so viel aufgebaut. Du kannst das doch nicht einfach hinwerfen.“
Phil: „Und wie ich das kann. Also, viel Glück noch, grüß die anderen.“ Er klickt sich durch und sieht einen Moment auf den Bildschirm, dann drückt er entschlossen die Maus.
3.Akt 3.Szene
Abends bei Laura
Der Raum ist voller Menschen, die in Gruppen zusammensitzen oder stehen und sich unterhalten. Nina und Polly stehen vorn am Stehtisch. Laura rennt herum und Caro läuft zwischen Zimmer und Küche hin und her, räumt herum, füllt Schüsseln auf und nimmt leere Gläser mit.
Nina sieht Polly prüfend an: „Jetzt ist es schon bald zwölf Uhr.“
Polly fröhlich: „Ja, dann die Warterei endgültig ein Ende.“
Nina: „Wieso bist du so guter Dinge? Glaubst du denn, Phil kommt noch?
Polly: „Bin ich Prophet? Nein, ich habe keine Ahnung. Ehrlich gesagt, glaube ich eher nicht, dass er es schafft das Ultimatum einzuhalten.“
Nina betroffen: „Dann macht dir das echt nichts aus? Oder wie soll ich deine plötzliche Heiterkeit sonst werten? Den ganzen Tag bist du schon so aufgekratzt.
Polly lacht: „Ich glaube, das ist die Euphorie des Untergangs!“
Nina: „Die bitte was?“
Polly: „Ja, ist echt so. Ich weiß, dass ich heulen und verzweifelt sein werde, wenn es vorbei ist. Es wird furchtbar wehtun.“
Nina verständnislos: „Und deshalb bist du so glücklich?“
Polly: „Ich bin nicht glücklich; ich bin hormonell gaga! So hab ich mich gefühlt, als ich meinen völlig ruinierten Backenzahn - grässlichst entzündet - endlich zum Zahnarzt geschleppt habe: Nur noch einmal richtig Au, lässt der Schmerz endlich nach.“
Nina: „Du hältst Phil für einen faulen Zahn?“
Polly: „Nee, sondern den Glaube an unsere Liebe und dieser Zahn wird mir wohl in wenigen Augenblicken gezogen.“
Nina: „Das klingt aber bitter: wieder eine Illusion dahin!“
Polly eifrig: „Nicht bitter, sondern erleichtert: seit einem Jahr bin ich nun auf der Marterstrecke. Ich bin erschöpft, am Ende, erledigt. Ich will, dass diese Täuschung endlich ein Ende hat. He, nur die Wahrheit macht frei!
Nina: „Du glaubst also, Phil liebt dich nicht mehr.“
Polly: „Was ich glaube ist nun endlich egal: in ungefähr zwanzig Minuten weiß ich es. Und dann muss ich mich nicht mehr fragen, was ich falsch gemacht habe, ob ich zu vorlaut oder zu direkt oder zu dick bin!“
Nina lacht: „Ja, zu dick. Versteh schon. Mann, aber es ist ein komisches Gefühl. Polly und Phil – das gehörte immer zusammen.“
Polly erstickt: „ Hör auf, ich will nicht schon vorher jammern. Das kann ich in den nächsten Wochen noch zu Genüge. Jetzt lass mir mein bisschen Frieden für den Moment!“
Marc kommt mit einer roten Rose und geht auf Laura zu. Die beiden stehen im Hintergrund und sprechen leise miteinander, es wird klar, was los ist und die andere Gäste beginnen miteinander zu tuscheln sie sehen immer wieder zu Marc und Laura hinüber.
Nina: „Ich traue meinen Augen kaum. Seit wann ist denn Laura zur Vielmännerei übergelaufen?“
Polly: „Glaub ich nicht.“ Sie sieht Nina nachdenklich an. „Basti ist nicht da, der Typ wedelt mit einer roten Rose herum….. ich würde mal sagen: das ist der Neue.“
Wiona kommt aufgeregt auf die beiden zu.
Wiona: „Wer ist das? Kennt ihr den? Was ist mit Basti? Kann mir mal jemand erklären, was hier läuft?
Nina: „Wir sind zur Abwechslung mal genauso schlau wie du.“ Polly lacht, aber Wiona bekommt nichts mit. Sie schüttelt entrüstet mit dem Kopf.
Wiona: „Nicht ein Wort hat sie vorhin gesagt. Einfach so den Freund ausgetauscht. Gerade Laura. Ich dachte, die sei anders. Nein, wirklich!“
Die drei stecken ihre Köpfe zusammen und reden leise miteinander. Caro hat unterdessen Laura von Marc losgeeist und zieht sie nach vorn.
Caro: „Laura, bist du noch ganz bei Trost? Was tut dieser Kerl hier?
Laura: „Das ist kein Kerl, sondern Marc!“
Caro erschüttert: „Der Marc? Aber Laura, was ist wenn Basti kommt?
Laura: Das ist mir so egal! Dann sieht er endlich, was er angerichtet hat.“
Caro kopfschüttelnd: „So kenn ich dich gar nicht. Was ist passiert?“
Laura: „Nichts, außer dass ich endlich eine Entscheidung getroffen habe.“
Caro: „Dann hast du mit Basti geredet?“
Laura: „Nein! Ich habe für diese Beziehung gekämpft, aber man kann nicht um Liebe kämpfen. Jetzt ist es vorbei.“
Caro: „Und jetzt ist einfach so Marc dein Freund?“
Laura: „Nicht einfach so, sondern Schritt für Schritt. Heute dann saß er da und sagte die Party ab, weil er eifersüchtig auf Basti ist und sich das nicht ansehen will. Was für ein Blödsinn. Welchen Basti bitte schön? Siehst du hier irgendeinen Basti, ja?“
Caro jammernd: „Aber du weißt doch nicht, ob er noch kommt. Das gibt einen Riesenaufstand. Laura!“
Laura: „Der kommt nicht. Der kommt ja nie! Und selbst wenn. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht ewig warte.“
Caro eindringlich: „Es gibt eine gesellschaftliche anerkannte Prozedur des Schlussmachens und dies hier ist ein Riesenkudddelmuddel!“
Laura: „Caro, sieh es ein. Was Basti da abgezogen hat, das hat aber mal so gar nichts mit gesellschaftlich anerkannten Prozeduren zu tun. Du kannst dich nicht von jemand trennen, den du gar nicht erreichen kannst.
Caro: „Aber….“
Laura: „Meine Süße, endlich gehe ich meinen Weg, statt herumzusitzen und auf etwas zu warten, was nicht kommt. Wünsch mir einfach Glück. Und hör auf, so ängstlich zu sein. Nochmal: Selbst wenn Basti kommen sollte, was er sicher nicht tut: er erntet nur, was er gesät hat!“
Plötzlich geht das Licht aus und die Mädchen kommen mit einer Torte herein. Wunderkerzen auf der Torte und in den Händen der Gäste beleuchten die Szene. Alle scharren sich um die Torte und singen ein Geburtstagslied. Marc legt seinen Arm um Lauras Schulter. Im Hintergrund tritt Phil auf, er sucht Polly, begrüßt Nina, die sich mit Lily unterhält Als das Licht wieder angeht, hat Phil endlich Polly entdeckt und zieht sie aus dem Getümmel an das Sofaende.
Polly: „He du. Eigentlich bist du zu spät.“
Phil nickt glücklich: „Ja, eigentlich. Aber das ist ganz egal!“
Polly: „Aha. Interessant. Ich stelle ein Ultimatum, du hältst es nicht ein, aber es ist ganz egal?“
Phil völlig beseligt: „Genau!“
Polly sieht ihn forschend an: „Was siehst du so glücklich aus? Hast du irgendwelche Medikamente genommen?“
Phil: „Nein, das sind körpereigene Endorphine. Aber das wichtigste zuerst: Ich werde nie wieder, hörst du, NIE wieder so bescheuert sein, unsere Liebe aufs Spiel zu setzten.“
Polly mit heftiger Erleichterung: „Gott sei Dank!“
Phil sanft: „Es tut mir richtig Leid, Polly. Ich will es dir auch erklären, aber eines vorneweg: es wird dir nicht gefallen…
Polly unterbricht ihn: „Wenn du mich betrogen hast, dann sag es ganz schnell.“
Phil: „Du meinst, ob ich etwas mit einer anderen hatte? Nein, da kann ich dich beruhigen.“ Dann plötzlich sehr überrascht. „Echt, das hättest du mir zugetraut?“
Polly: „Also, irgendwann ist jeder weichgekocht. Ich wusste doch nicht mehr, was ich denken sollte. Also: was wird mir nicht gefallen?“
Phil: „Gut, dann ohne Anlauf. Es ist so: das letzte halbe Jahr habe ich den größten Teil des Tages mit Zocken verbracht.
Polly sieht ihn entgeistert an: „Richtig Zocken? Du? Phil, so blöd bist du doch nicht.“
Phil: „Doch, bin ich. Richtig blöd. Erst war es nur ein netter Zeitvertreib. Aber dann wurde ich immer erfolgreicher. Also habe ich immer mehr Zeit investiert.“
Polly: „Und dein Studium? Dein Job?“
Phil: „Arbeiten musste ich ja noch … aber mein Studium … Oh Polly, das sieht nicht gut aus. Mit dem Diplom kann ich frühestens in einem Jahr anfangen. Mir fehlen inzwischen jede Menge Scheine.“
Polly betroffen: „Und ich habe von alledem nichts geahnt.“
Phil: „Ich habe ja auch alles getan um es vor dir zu verheimlichen.“
Polly: Und jetzt?
Phil: „Jetzt bin ich raus. Es war zwanzig vor zwölf und ich hatte meinen Gegner immer noch nicht geschlagen. Also habe mich einfach töten lassen.“
Polly: „Und dadurch bist du raus?“
Phil: „Ja, bin ich. Dein Ultimatum war wie ein Zeichen. Als hätte ich nur diese eine Chance. Entweder das oder Untergehen.“
Polly: „Aber der Ärger mit mir hat dich doch auch früher nicht abhalten können.“
Phil: „Ja, aber da konnte ich mir immer noch vormachen, dass ich es beim nächsten Mal besser machen kann.“ Er schüttelt den Kopf. „Mitten im Kampf sah ich mich selbst. Mein wirkliches Ich dort im Dunkeln am Computer. Ein Gefangener in einer kleinen Kiste ohne Zukunft. Als würde ich mich durch die Augen von jemand anderem sehen. Und ich begriff: ich musste sterben um zu leben.“
Polly: „Entschuldige, aber das klingt richtig abgedreht.“
Phil: „Das war es auch. So abgedreht, dass ich es nie vergessen werde. Da war jemand neben mir und zeigte mir die Wahrheit: So wie das Spiel nur ein Abbild ist, so ist es die Realität auch. Hinter alledem steht noch eine andere Wirklichkeit. Ich kann es nicht besser erklären, Polly. Aber tief in meinem Kopf weiß ich jetzt: es geht bei der Realität nicht um die wirklichen Dinge, sondern darum, wie die Dinge wirklich sind.“
Polly: „Da kann ich nur sagen: Willkommen in der Wirklichkeit.“
Vorhang